Märchenhafte Wälder, ein magischer Quetzal und verwunschene Maya Skulpturen – Honduras

Honduras – an was denkst du, was kommt dir bei diesem Land in den Sinn?
Ehrlich gesagt, wissen wir fast nichts. Irgendwie stellen wir uns Honduras ziemlich arm und vielleicht auch gefährlicher als andere Länder vor. Doch woher kommt dieses Bild? Liegt es daran, dass wir von anderen Reisenden nur sehr wenig über dieses Land gehört haben, dass viele Overlander Honduras zwischen Nicaragua und El Salvador lediglich kurz durchqueren? Oder ist es vielleicht die internationale Berichterstattung, die uns über Honduras wenig erzählt und wenn, dann nicht gerade Positives zu berichten vermag. Als unsere Nati an der letzten Fussball-Weltmeisterschaft gegen Honduras spielte, haben Schweizer Medien beispielsweise davon berichtet, dass die Gegner aus dem Land mit der weltweit höchsten Mordrate kommen.
Honduras gehört tatsächlich zu den ärmeren Ländern Lateinamerikas. Seit der Unabhängigkeit von Spanien 1821 war das Land von unzähligen Putschen, Rebellionen und Machtergreifungen betroffen. Politische Unruhen und Kriege im In- und benachbarten Ausland verhinderten einen Wachstum. Dazu kommen gelegentlich Naturkatastrophen wie der Hurrikan Mitch, der vor knapp 20 Jahren schwer über Honduras wütete. Seit einigen Jahren ist die politische Situation aber stabil. Ein erstes Stöbern im Reiseführer lässt Vorfreude aufkommen und so können wir es kaum erwarten, uns ein eigenes Bild von Honduras machen zu dürfen.

Zentralamerika_Honduras

Nach dem Aufenthalt in El Salvador reisen wir unproblematisch und rasch wieder in Honduras ein. Auf dem Weg in Richtung Hauptstadt sind es nicht die Schlaglöcher, sondern viele Baustellen, die das Vorwärtskommen ziemlich entschleunigen. Für 90 Kilometer brauchen wir fast vier Stunden. Wie in anderen lateinamerikanischen Ländern ist es eben auch in Honduras. Fahrdistanzen in Kilometern sind meist wenig aussagekräftig. Besser man spricht von den benötigten Anzahl Stunden, die man braucht, um von A nach B zu gelangen. So kommen wir halt nicht zur Mittagszeit, dafür am späteren Nachmittag in Tegucigalpa an.
„Hier links, dann rechts auf die Schnellstrasse einspuren, aber pass auf, gleich nach 100 Metern biegen wir wieder nach links ab“, doch soweit kommen wir gar nicht. Auf der Zufahrt zur mehrspurigen Hauptstrasse kracht es laut. Was ist passiert? Inmitten der Hauptstadt haben wir ein Stromkabel übersehen, das dummerweise etwas tiefer als der Rest des herrlichen Elektro-Kabelsalats hängt. Die Dachbox bleibt hängen, der Inhalt landete einmal komplett auf der Strasse und die Box, ja die ist definitiv im Elend.

Strassenverkäufer vor Lichtsignalen gibt es fast überall, doch selten haben wir so viele gesehen, wie auf dem Weg in die Hauptstadt Tegucigalpa. An jeder Baustelle und jeder Ampel werden Früchte, Aguacitas (Wasser in kleinen Plastikbeuteln), Kokosnüsse, Schleckwaren, Popcorn, Zuckerwatten, elektronische Fliegenklatschen, Steuerräder und noch viel mehr angeboten. Männer, Frauen, Kinder und Betagte, sie alle verkaufen irgendetwas. Hier auf den Strassen geht’s ums tägliche Überleben. Wir suchen einen Übernachtungsplatz, wo wir in Ruhe die Unordnung im Bus aufräumen können. Beim Shoppingcenter Megaplaza werden wir fündig. Wir dürfen auf dem Parkplatz übernachten, kostenlos, inklusive super freundlichem Wachpersonal und Kameraüberwachung. Schwups… plötzlich befinden wir uns da, wo sich die vornehme Oberschicht Honduras tummelt. In der hochglänzenden Mall gibt es so ziemlich alles an vornehmen Läden, selbst einen SwissOptics. So modern haben wir uns Honduras gar nicht vorgestellt. Auch hier in Tegus ist der gewaltige Unterschied von Arm und Reich nicht weniger auffällig als in anderen Grossstädten.

Anderntags kurven wir oberhalb der Hauptstadt auf einer wunderschönen Bergstrasse durch kleine Dörfer und über bewaldete Hügel. Honduras beginnt uns richtig gut zu gefallen. Wir kommen nach San Juancito, einem einstigen Goldgräberstädtchen. Gut 70 Jahre wurde in der Mine Peña Blanca Gold und Silber abgebaut. In den 1950er Jahren verliessen die Minenarbeiter den Ort. 1980 wurde der Bergnebelwald zum Nationalpark erklärt und konnte sich gut von den Minenarbeiten regenerieren. Heute herrscht in San Juancito ein gemütliches Ambiente. Ein Weg führt steil bergauf zum Besucherzentrum Rosario, wo wir sehr herzlich empfangen werden.

Wir haben Glück und verbringen bei traumhaftem Wetter zwei wunderbare Tage im Nationalpark La Tigra. Fern von der Hektik der Grossstadt geniessen wir das frische, kühle Klima und dass wir hier unbeschwert, ohne Guide oder Polizeischutz, wandern können. Auf den Pfaden sind wir fast alleine, nur das eine oder andere Tier kreuzt unseren Weg. Hier im dichten Bergnebelwald wachsen riesige Farne und überall hängen Lianen herunter. La Tigra ist der Lebensraum von Pumas, Pekaris, Ameisenbären und vielen anderen Tieren. Hohe Bäume, deren Stämme von Moosen und Flechten, Bromelien und Orchideen bewachsen sind, umgeben uns. Wir wandern über Wurzeln und kleine Brückchen und fühlen uns unter der dicken Baumdecke wie in einem verwunschenen Märchenwald. Auf einem Schild im Wald steht: Geniesse es, dass dein Körper erfährt, was Leben heisst! 🙂 Nur schon wegen dieses tollen Nationalparks hat es sich gelohnt, nach Honduras zu kommen!

Doch damit nicht genug. Völlig unverhofft haben wir das grosse Glück, den wohl schönsten Waldbewohner zu entdecken. Nur wenige Meter von uns entfernt, sitzt ein männlicher Quetzal auf einem Ast! Das Herz bleibt uns fast stehen, was für ein magischer Moment! Wow!!! Nur an ein Foto denke ich erst, als der Quetzal knapp über unsere Köpfe hinweg davon fliegt. Damit ihr daheim doch auch wisst, wie wunderschön so ein Quetzal mit seinem schillernd grün-blauen Federkleid, dem roten Bauch und seiner bis zu einem Meter langen Schwanzfeder ist, konnte ich es mir ausnahmsweise nicht nehmen lassen, zwei Fotos aus dem Netz zu stibitzen… Waldrodungen verkleinern den Lebensraum de Quetzals stark, der ausschliesslich in den Gebirgswäldern zwischen Panama und dem südlichen Mexico vorkommt. Wegen seiner wunderschönen Schwanzfeder, die zeitweilig wertvoller als Gold war, wird er gejagt. Heute ist ein Quetzal leider nur noch sehr selten anzutreffen, umso wertvoller sind Naturreservate und Nationalparks wie La Tigra.

Aber nun, was machen wir eigentlich wegen der kaputten Dachbox?

Wie es der glückliche Zufall will, lernen wir Monika und Jörg kennen. Das sympathische Paar ist vor 18 Jahren von Deutschland nach Honduras ausgewandert. Wir sind auf Kaffee und Kuchen eingeladen. Die beiden bieten uns an, bei ihrem zweiten Haus unten im Dorf zu stehen und die Werkstatt zu nutzen. Perfekt! Das ist genau das, was wir für einen Umbau brauchen. In Tegucigalpa überrascht uns der Baumarkt Larach mit einem riesigen Sortiment. Hier finden wir alles an Material, was wir benötigen. Die nächsten Tage verbringen wir damit, die Ware aus unserem ehemaligen Estrich im Fahrzeuginnern zu verstauen.

Es entsteht quasi ein Sideboard. Ziemlich chic und gemütlich, oder? Nur unser Bett ist nun nicht mehr King-Size 😉 Ab nun liegen wir quer im Fahrzeug, doch auch daran werden wir uns gewöhnen.

Während des Umbaus geniessen wir es, ein paar Tage sesshaft zu sein. Der Nachbars-Schäferhund Tobi leistet uns gute Gesellschaft. Ruth, die gegenüber wohnt, verwöhnt uns mit honduranischen Spezialitäten. Selbst zur Geburtstagsparty ihres 4-jährigen Sohns Jonathan sind wir eingeladen. An der grossen Spiderman-Party fehlt es an nichts. Der DJ am Mikrofon übertönt die Musik und sorgt für Stimmung. Die Kiddies schlagen eine Piñata, es wir getanzt und natürlich viel gegessen. Die Latinos lernen schon früh, wie man Party macht!

Das einzige Übel: Nach dem Fest liegen wir alle wegen eines Magendarm-Virus flach. Doch auch davon erholen wir uns und so waren es einfach nur ganz tolle und gemütliche Tage hier in San Juancito. Ganz herzlichen und lieben Dank an Ruth und natürlich an Monika und Jörg für eure grossartige Gastfreundschaft!

Wir rollen wieder. Auf der Ruta 41 lernen wir das ländliche Honduras kennen. Wie in Nicaragua ist auch hier vieles zu Pferd unterwegs.

Die 41 führt uns nach La Union. Die letzten Kilometer hoch zum Nationalpark La Muralla sind steil und steinig.

Wir sind die einzigen Besucher im Park. Das Wandern im La Muralla ist nur mit Guide möglich. Pedro, der hier oben wohnt, führt uns durch den Nebelwald. Nach einer ruhigen und kühlen Nacht stapfen wir in aller Frühe los. Leider haben wir heute weniger Glück. Wir entdecken kaum ein Tier und dann beginnt es auch noch in Strömen zu regnen. Dafür gibt’s pinke Blümchen 😉

Wir kehren zurück zum Besucherzentrum, nehmen Pedro noch mit nach La Union und tuckern weiter in Richtung Norden. Eine gute Piste führt uns durch Bergkieferwälder, runter ins Flachland und schliesslich an die Karibikküste. Im Tiefland steigen die Temperaturen und wir kommen an vielen grossen Bananen- und Palmölplantagen vorbei.

An der Karibikküste verbringen wir eine Nacht auf dem Parkplatz bei Helen’s Restaurant & Hotel, wo wir wieder einmal eine gute Internetverbindung nutzen.

Der Pico Bonito ist der grösste Nationalpark des Landes. Der schöne Gipfel ist allerdings nur schwer und in mehreren Tagen Fussmarsch zu erreichen. Wir entscheiden uns für eine Tageswanderung. Übernachten dürfen wir auch hier auf dem Parkplatz des Besucherzentrums. Eine Hängebrücke führt uns über den Río Cangrejal, bevor wir zur Abwechslung in tropischen Tiefland-Regenwald eintauchen. Während der steile Pfad für einen erhöhten Puls sorgt, lässt uns die tropische Hitze wie in einem Dampfbad schwitzen. Belohnt werden wir mit dem imposanten Wasserfall El Bejuco, den wir ganz für uns alleine haben.

Hier oben an der Karbik hat Honduras mit seinen Trauminseln Utila, Roatán und Cayos Cochinos inmitten des Korallenriffs ein tolles Schnorchel- und Taucherparadies zu bieten. Hier kann man zu günstigen Preisen einen Tauchschein machen. Doch das wollen wir auf eine andere Reise verschieben. Heute geht es auf dem Landweg weiter, wieder in Richtung Landesinnere. Am Rande der Landstrasse gibt es wieder super leckere Avocados und Früchte wie Mangos, Litschis, Melonen, Guanabana, Ananas und Papayas zu kaufen.

Auch zwischen San Pedro Sula im Nordwesten und dem südlichen Tegucigalpa zeigt sich, dass Honduras in den Strassenbau investiert. Wir befinden uns auf einer super guten, mehrspurigen Autobahn. Nur die Fahrzeuge sind auch hier nicht ganz so beladen, wie das in Europa wohl so konform ist 😉

Bei unserem nächsten Stellplatz bei der Kleinbrauerei D&D Brewery geniessen wir ein eiskaltes Bier direkt vom Fass.

Auf dem Lago Yojoa, dem grössten Binnensee Honduras, der für seine grosse Vogelwelt bekannt ist, paddeln wir mit dem Kajak umher.

Die honduranische Währung ist nach dem Häuptling Lempira benannt. In Garcias, der Hauptstadt der Provinz Lempira, findet gerade ein Fest zur Feier dieses grossen Kriegers statt. Sein Standbild steht auf dem Hauptplatz und erinnert daran, wie tapfer der junge Führer Lempira im 16. Jahrhundert mit einer kleinen Armee von rund 30‘000 Mann gegen die spanischen Eroberer kämpfte. Sein Kampf gegen die Invasoren geht in die Geschichte als letzter und grösster indianischer Widerstand in Honduras ein. Der Nationalheld hat bis heute eine identitätsstiftende Bedeutung. Ein Bauer aus der Provinz rennt gegen eine Weltmacht an und hält sie, zumindest eine Weile lang, auf.

Die Strasse von Gracias nach Copán ist gut und asphaltiert. Das Navi maps.me kennt aber mal wieder eine Abkürzung, welche auf unserer Strassenkarte nicht eingezeichnet ist. Mmhh… wir wollen es riskieren und werden mit einer spektakulären Fahrt belohnt. Hier im Hinterland kommt wohl kaum ein Tourist vorbei. Die Hänge und Hügel werden mühsam von Hand bewirtschaftet. Vor allem Kaffee und Bananenstauden wachsen zwischen den Kieferwäldern. Die Welt erscheint uns hier wild und idyllisch zugleich. Eine perfekte Szenerie für eine Liebestragödie. Die Piste ist etwas rumplig, doch das gehört zum Abenteuergefühl. Die Cowboys auf ihren Pferden, die hier ein hartes, aber einfaches Leben führen, winken uns etwas verlegen zu. Kurz bevor wir zurück auf die Hauptstrasse gelangen, stehen wir etwas ratlos an einem Fluss. Die Brücke scheint es weggeschwemmt zu haben. Durch den Fluss oder alles wieder zurückfahren? Das Wasser kommt stellenweise bis zu den Knien hoch und hat eine ganz schön starke Strömung. Dennoch, wir probieren und schaffen es. Rudolph, du bist unser grosser Held im Abenteuer wilder Westen von Honduras!

Zu guter Letzt besuchen wir mit den Ruinen von Copán die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit. Es sind unsere ersten Maya Ruinen, bis nach Mexico werden noch einige folgen. Was Copán in der Maya-Welt aber einzigartig macht, sind die vielen gut erhaltenen Skulpturen, die von einer erstaunlich grossartigen Steinbildhauer-Kunst zeugen. Zusammen mit den roten Aras, die für die Maya heilig waren, verleihen sie der Stätte einen verträumten und verschwunschenen Charakter. Die meisten der schönen Stelen stammen aus dem Jahr 613 bis 738 und scheinen ursprünglich bemalt gewesen zu sein. Bis heute ist unklar, weshalb die Hochkultur der Maya unterging. Was man weiss, ist dass der erste König Copáns ein grosser Schamane und Krieger war, der als halbgöttlicher Sonnenherrscher Quetzal-Ara von den 16 folgenden Königen verehrt wurde. Die Könige, die hier in der klassischen Maya-Periode von 250 bis 900 regierten, trugen Namen wie Rauch-Jaguar, Rauch-Muschel oder 18 Kaninchen. Unter den sichtbaren Ruinen liegen weitere Bauwerke, denn die Mayas haben hier in mehreren Schichten übereinander gebaut. So liegt der einst rote Rosalila-Tempel, dessen Nachbau im Skulpturen-Museum steht, unter der Erde begraben, genauso wie noch weitere Tempel. Wir verbringen Stunden in den Ruinen und geniessen die ruhige Atmosphäre inmitten des Dschungels.

Honduras vermochte uns auf zauberhafte Art und Weise überzeugen und hat uns mehr als positiv überrascht. Obschon als Reiseland noch wenig bekannt, sind seine Sehenswürdigkeiten nicht weniger attraktiv. Das tolle ist, dass man hier weit weg vom Massentourismus eine tolle Natur und einzigartige Tierwelt erkunden kann. Das Reisen durch Honduras war für uns problemlos. Wir haben uns durchgehend sicher gefühlt und die Gewalt oder Kriminalität war nicht wahrnehmbar, wobei wir uns auch nicht in den heissen Gegenden aufgehalten haben. Schliesslich sind Banden oder Drogenschmuggler wohl aber auch kaum an uns Touristen interessiert. Die Polizeipräsenz im Land war hingegen spürbar. Wir sind durch viele Kontrollen gefahren, wobei uns die Polizei kein einziges Mal angehalten hat. Die Infrastruktur ist viel moderner und die Strassen sind besser, als wir uns das vorgestellt haben. Schliesslich sind es die Menschen, die ein Land ausmachen. Der kurze, schöne Moment eines gegenseitigen Lächelns oder Zuwinkens, wenn wir beispielsweise durch kleine Dörfer fahren. Von solchen Momenten haben wir in Honduras viele erlebt. Die Menschen haben wir als überaus freundlich, aber auch respektvoll zurückhaltend erlebt.

Danke Honduras für diese tolle Reisezeit!

Ein Gedanke zu „Märchenhafte Wälder, ein magischer Quetzal und verwunschene Maya Skulpturen – Honduras

  1. Vielen Dank euch für diese positiven Schilderungen, ich werde bald für einige Monate nach Honduras gehen und habe mich sehr gefreut, mal etwas anderes über das Land lesen zu können. Weiter so.

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