Kiten, schlemmen und feiern in La Ventana – Acht Wochen Baja California Sur

Um Mitternacht verlässt die Autofähre den Hafen von Topolobambo. Bei Sonnenaufgang erreichen wir La Paz, die Hauptstadt des Bundesstaates Baja California Sur, dem südlichen Teil der mexikanischen Halbinsel Niederkalifornien.

Schon lange freuen wir uns darauf, hier die letzten Wochen unserer Reise zu verbringen! Strahlend fahren wir durch die karge Wüstenlandschaft und ein Feld voller riesiger Kakteen. Der Himmel ist strahlend blau und die Luft trocken und auch im Winter angenehm warm.

Vom Hafen in La Paz fahren wir direkt nach La Ventana. Dorthin, wo in unserer Navigations-App schon lange ein pinkes Lesezeichen leuchtet, Vermerk: Kitespot! Schon am Ortseingang fällt auf, was die Baja vom Rest Mexikos unterscheidet. Als südliche Verlängerung Californiens zieht es viele US-Amerikaner und Kanadier hierher. Englisch hört man hier mehr als Spanisch und die Preise sind den Gringos angepasst. Auf den RV-Campingplätzen in La Ventana stehen grosse Wohnmobile hinter Mauern eingepfercht. Etwas geschockt fahren wir weiter, denn so haben wir uns das nicht vorgestellt. Am nördlichen Punkt des Nachbardorfes El Sargento finden wir dort, wo während der Regen- und Hurrikanzeit das Wasser von den Bergen herunterfliesst, einen offenen, freien Stellplatz. Im Arroyo Sotol gibt’s zwar keine Infrastruktur, dafür viel Platz umsonsts. Wir lernen das österreichische Ehepaar Monika und Fritz kennen, die hier seit Jahren den Winter verbringen. Sie sind unsere neue Nachbarn, mit denen wir die nächsten Wochen viel lachen und feiern.

La Ventana ist ein grosses Wind- und Kitesurf-Paradies. So viele Schirme am Himmel wie hier haben wir noch nie gesehen. Die Vormittage im Arroyo Sotol sind wunderbar ruhig, die See noch spiegelglatt und glasklar. Gegen Mittag zieht der Wind auf und sorgt für viel Spass und ganz schön Muskelkater.

Nicht nur Monika und Fritz überwintern hier, auch für Karl, Ken und Claude aus Kanada und Québec, für das Ehepaar John und Toni aus Alaska und den US-Amerikaner Brian ist das Arroyo Sotol das jährliche Winter-Domizil. Nebst den Stammgästen kommen immer mal wieder Overlander für ein paar Tage auf den Platz. Zu Weihnachten sind Martina und Hermann aus Düsseldorf da, die mit ihrem selbst umgebauten Militär LKW von Kanada und den USA Richtung Süden reisen. Gemeinsam verbringen wir gemütliche Tage. Die Kakteen ersetzen den Tannenbaum und das Tecate-Bier den Glühwein.

Zu Weihnachten kommt Guido. Unser Freund aus der Schweiz ist auch mit Monika und Fritz befreundet und kommt für zwei Wochen ins Arroyo. Zusammen verbringen wir eine super Zeit. Wir geniessen es, mal wieder Schwiizerdütsch-zrede und gemeinsam zu kiten und zu kochen. Kulinarisch befinden wir uns nämlich gerade im Paradies. Wir stellen fest, dass Hornitos-Tequila und Schweizer Schoggi perfekt zusammen passen. Auch sonst harmoniert die mexikanische mit der schweizerischen Küche. Nebst frischem Fisch und Shrimps, Tacos und Fleisch vom Grill kommen wir dank Guido in den Genuss eines leckeren Fondues und Thomas backt mal wieder einen feinen Zopf.

Dann kommt uns noch das französische Paar Elora und Pierre besuchen. Elora haben wir in Mérida kennengelernt. Zusammen mit ihrem Freund Pierre, der seit ein paar Monaten mit dem Fahrrad durch die USA und Mexiko reist, ist sie für eine Ferienwoche ebenfalls mit Fahrrad im Süden der Baja unterwegs. Leider können die beiden nur eine Nacht bleiben, doch Pierre ist uns auf Anhieb genauso sympathisch wie Elora und so verbringen wir ein paar sehr schöne und amüsante Stunden zusammen.

Nebst Englisch, Hoch- und Schweizerdeutsch üben wir uns weiterhin im Spanisch. Wir lernen Guidos, Monikas und Fritz sympathische Freunde Marcela und Rico mit Sohn Nico und Selene und Ulices kennen.

Rechtzeitig zur Silvesterparty kommt Hielke vorbei. Der Holländer haben wir wie Elora in Mérida kennengelernt. Normalerweise reist er alleine und mit Motorrad. Da er aber bei einem Unfall auf der Baja seinen Arm gebrochen hat, ist er zurzeit ohne sein Motorrad und mit Janina, einer Freundin aus Deutschland, mit Mietauto und Zelt unterwegs.

Die letzten Jahre feierten Guido und Marcela ihre Geburtstage zusammen. Dieses Jahr reist Guido aber vorher ab und so lassen wir eine Pre-Party steigen, an der es an nichts fehlen soll. Es gibt ein grosses Feuer, leckere Tacos, eine Piñata, ein mexikanischer Dreikönigskuchen und natürlich Cerveca und Tequila.

Als dann Markus aus dem Schwäbeländle, ein Freund von Matthias, den wir wiederum beim Kiten in Peru kennengelernt haben, und seine Freundin Cate aus Californien dazustossen, gibt es eine weitere Pary, denn gleich bei ihrer Ankunft erfahren wir: morgen ist Markus Geburtstag 😉

Der Januar hat es echt in sich, denn es folgen die Geburtstage von Monika, dem kleinen Nico und dann noch der „richtige“ von Marcela. Rudolph wird zum Partybus und voll beladen geht’s in eines der Restaurants im Ort, wo wir leckere Chile rellenos (Chilis mit Käse- und/oder Fleischfüllung) essen und dazu eine Margarita schlürfen.

Zurück im Arroyo findet Monikas Après-Party am heissbeliebten Feuer und bei Vollmond statt.

Nach den vielen Lagerfeuern ist das Holz aufgebraucht. Da hilft nur eines und zwar ein sogenannter Wood-Run. Das heisst, wir fahren in die Berge und suchen nach Kaktusholz. Ausgerüstet mit Handschuhen, denn im Holz verstecken sich gerne Skorpione und Schlangen. Als Thomas ein paar Tage später nach einem Stück Holz fürs Feuer greift, sticht ihn tatsächlich ein Skorpion in den Mittelfinger. Autsch.. Zum guten Glück reagiert Thomas nicht allergisch und der Stich ist zwar extrem schmerzhaft und betäubend, aber überlebbar. Was hilft? Tequila, meinen unsere einheimischen Freunde.

Natürlich feiern wir nicht nur, sondern kitesurfen weiterhin fleissig und jeden zweiten Morgen gibt es Gymnastik- und Joga-Übungen mit Monika.

So vergehen dann mal vier Wochen bis wir die Ortsausfahrt La Ventanas überqueren. Nachdem wir in der Stadt La Paz ein paar Sachen eingekauft und erledigt haben, verbringen wir am schönen Strand Tecolote eine Nacht auswärts.

Zurück „Daheim“ findet mit dem La Ventana Classic unweit von unserem Stellplatz ein mehrtägiger Kite-Event statt.

An ein paar windstillen Tagen fahren wir zusammen mit Cate und Markus zu heissen Quellen in den Bergen und mit unseren Nachbarn vom Arroyo zum Schnorcheln zur Bahía de sueños. Die Bucht der Träume ist echt paradiesisch. Auch bei einem anderen Strand, wo ein altes, verlassenes Hotel steht und beim Leuchtturm bei der Punta Arena am Ende der Bucht gefällt es uns.

In den Wintermonaten kann man vor der Küste Baja Californias Grauwale beobachten, die von den arktischen Gewässern an die Pazifikküste Mexikos kommen. Diese riesigen Tiere sehen wir leider nicht, denn dafür halten wir uns zu weit südlich auf. Nicht weniger imposant sind aber die Walhaie, die sich im Winter in der Bucht von La Paz tummeln. Der Walhai ist gegenwärtig der grösste Hai und zugleich der grösste Fisch der Welt. Zusammen mit Cate und Markus, Marcela und Rico und dessen Freund Archie, der ein Tourunternehmen führt, fahren wir mit dem Boot hinaus. Gleich mehrmals schwimmen wir nebst den gigantischen Walhaien. Da sich die friedlichen Tiere mit ihrer breiten, stumpfen Schnauze von Plankton ernähren, ist das Wasser etwas trüb. „Er kommt, er kommt in eure Richtung!“ Wir tauchen unter und wow, da erscheint er plötzlich vor uns, dieser gigantische Fisch, der uns den Atem raubt und unseren Puls höher schlagen lässt! Es sind Jungtiere, die „nur“ etwa fünf Meter lang sind, während die Ausgewachsenen doppelt so lang werden. Nach den Walhaien machen verspielte Seelöwen unseren Schnorcheltrip zu einem grossartigen und unvergesslichen Erlebnis!

Mitte Februar ist Carneval. An der Malecon, der Uferpromenade, von La Paz findet die Woche vor Aschermittwoch ein grosser Jahrmarkt mit vielen Essensbuden statt. Freitagabend spielen auf mehreren Bühnen verschiedenste Bands. Wieder zusammen mit Marcela, Rico, Cate und Markus haben wir viel Spass am Konzert der mexikanischen Band Molotov und zwei weiteren Rock- und Ska-Bands.

Der Pazfik war ein treuer Begleiter auf unserer Reise. Im gemütlichen Städtchen Todos Santos steht das berühmte Hotel California, das dem gleichnamigen Song seinen Namen verliehen haben soll. Hier essen wir unser letztes Ceviche und verabschieden uns mit einem Schluck Pacifico-Bier vom pazifischen Ozean.

Adíos Pacifico, adíos Baja Sur! Nach zwei Monaten fällt uns der Abschied von unseren Nachbarn im Arroyo Sotol und den mexikanischen Freunden nicht leicht. Ihr Lieben, danke für diese unglaublich tolle Zeit! Ob wir nächstes Jahr wieder kommen? Wer weiss…

 

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