Im Reich der Faultiere und bunten Frösche – Pura Vida in Cost Rica

Es ist Freitag. Am kleinen Grenzposten an der Karibikküste herrscht am frühen Morgen noch wenig Betrieb. Was in Südamerika noch gratis war, kostet uns ab jetzt etwas. Von Panama bis Mexiko werden bei Grenzübertritten Ein- oder Ausreisegebühren verlangt. Zudem sind Kopien von Dokumenten und Stempel nötig. Das Prozedere mit den Formalitäten bleibt aber beim Gleichen und auch heute verläuft alles problemlos. Nach knapp zwei Stunden sind wir zusammen mit unseren Reisefreunden Anja und Tobi offiziell in Costa Rica eingereist.

Wie schon in Panama liegt auch hier ein süsser Duft nach Bananen in der Luft. Die Strasse ist gesäumt von riesigen Plantagen. Dazwischen stehen Holzhäuschen auf Stelzen. Der einst so dichte Regenwald ist gerodet. Heute betreiben hier Welt-Riesenkonzerne Monokultur im grossen Stil – ohne Geiz beim Einsatz von Pflanzenschutzmittel. Wollten wir eigentlich noch ein paar der gelben Früchte am Strassenrand kaufen, so ist uns heute der Appetit doch etwas vergangen.

Von den Chiquita Bananen gehts zum Playa Chiquita. An der afrokaribischen Küste herrscht eine ausgesprochen lockere Chillout-Stimmung. Aus den Musikboxen erklingt für einmal kein Reggaeton sondern friedlicher Reggae.

Wir geniessen das Paradies, wobei wir versuchen, uns dabei nicht zu sehr an den juckenden Moskitostichen zu stören. Gerade sitzen wir beim Apéro, da schneidet Tobi leider nicht nur das Fleisch fürs Nachtessen. Der Schnitt im Finger ist tief und muss genäht werden. Wie gut, dass unsere Freunde für solche Fälle ausgerüstet sind. So wird der Dampfkochtopf zum Sterilisator und der Camper zum Operationssaal.

La Pura Vida – das heisst pures, reines Leben! Die Zauberwörter braucht man in Costa Rica überall, egal ob zur Begrüssung, Verabschiedung oder als Dankeschön. Eine Spruch quasi für alle Gelegenheiten. Pura Vida symbolisiert ein glücklich, erfülltes Leben und bedeutet vor allem den Moment zu geniessen. Für die Ticos, wie die Costa-Ricaner genannt werden, ist Pura Vida ihre Art zu leben, ausgiebig, unkompliziert und humorvoll.

Die Ticos sind zu Recht stolz auf ihr Land. So steht Pura Vida auch für eine bezaubernde Natur und Artenvielfalt. Costa Rica ist klein aber fein. Zwischen Karibik und Pazifik gibts Bergnebelwälder, Seen, Vulkane, exotische Tiere vor allem ganz viele Nationalparks. Ein stolzer Drittel des Landes steht unter Naturschutz. Dazu kommt der Frieden. Es macht uns Eindruck, dass Costa Rica innerhalb einer von Krieg und Gewalt geprägten Region seit mehr als 60 Jahren ein Land ohne Militär ist. Als Oase in Zentralamerika ist Costa Rica für viele Europäer, US-Amerikaner und Kanadier ein attraktives Reise- und Auswandererland. Die ausländischen Investoren machten Costa Rica reich, doch mit dem Tourismus stiegen auch die Preise auf Schweizer Niveau an. Der Budgetpunkt ist dann auch das, was uns zu einer etwas geradelinigeren Reiseroute führt. Noch an der Karibik besuchen wird den Nationalpark Cahuita. Ein Spazierpfad führt uns entlang der Halbinsel durch den Wald. Für Unterhaltung sorgen dabei ein paar Mantelbrüllaffen und Weisschulterkapuziner, drollige Waschbären und putzige Eichhörnchen. Nur das Faultier verschläft unsere Anwesenheit.

Landschaftlich ist Costa Rica vor allem eines: leuchtend grün! Die Regenzeit lässt die Pflanzenwelt besonders prachtvoll gedeihen. In der Feuchtigkeit fühlen sich auch die Frösche im Garten von José im siebten Himmel. Der Frogs Heaven wurde uns von Reisefreunden empfohlen und ist ein echtes Highlight. José heisst uns – natürlich mit den Worten Pura Vida – herzlichst willkommen.

Wir lernen Aranka und Sam kennen, die in Costa Rica mit einem Mietwagen Ferien machen. Wir verstehen uns super und das gleich mehrsprachig, denn die beiden Holländer leben in Österreich. Zu Viert tauchen wir ins tropische Paradies der putzigen Fröschli’s ein.

Ein besonderes Spektakel ist die Verwandlung des Rotaugenlaubfrosches. Tagsüber schläft er mit zusammengezogenen Extremitäten, sodass kein bisschen Farbe zu erkennen ist. Auf einem grünen Blatt ist er damit praktisch nicht zu entdecken. Wenn er aber erwacht, passiert es! Seine leuchtend roten Glubschaugen, die blauen Beinchen und orangen Füsschen kommen zum Vorschein. Was für ein Naturwunder!

Nebst den Fröschli’s erspähen wir einen eleganten Leguan, weit oben in der Baumkrone ein Faultier mit seinem Jungen und eine kleine, aber extrem giftige Schlange, der wir besser kein zweites Mal begegnen.

Nicht nur Bananen, sondern auch ganz viel Ananas wächst hier. Bei der Fahrt durchs Zentralland kommen wir an so einigen Plantagen vorbei.

Auch Pflanzen, die wir uns in Europa ins Wohnzimmer stellen, werden hier gezüchtet.

Unser nächstes Ziel ist der Vulkan Irazú, wo wir morgen eine Verabredung haben. Auf knapp 3000 Meter schlafen wir gleich unterhalb der Donnerspitze, wie der Vulkan von den Einheimischen genannt wird. Wir geniessen es, die Heizung auf 17 Grad zu stellen, uns unter die Bettdecke zu kuscheln und einen heissen Tee zu schlürfen – welch ein Gegensatz zum Klima der letzten Tage! Das Erwachen am anderen Morgen erinnert uns an die Zeit im südamerikanischen Hochland. Irgendwie duftet der Kaffee in der kühlen Luft anders.

Mit Rudolph fahren wir noch die letzten 400 Meter zum Vulkangipfel hoch. Hier treffen wir Antje und Ueli. Die beiden Schweizer sind in Costa Rica in den Ferien. Sie haben Geschenke von meinem Bruder und seiner Freundin mit im Gepäck. Nebst feinen Schweizer Leckereien und elektronischen Teilen erfreuen wir uns besonders über eine neue SIM-Karte für Thomas, die mit dem Klau seines Natels in Kolumbien verloren ging. An dieser Stelle ganz herzlichen Dank an Marco und Tabea und natürlich auch an Antje und Ueli!

Der Vulkan indessen entspricht nicht mehr ganz dem Postkartenmotiv auf dem Prospekt, den wir zum eher teuren Eintrittsticket bekommen. Der einst so schön leuchtend grüne Kratersee ist vor ein paar Jahren ausgetrocknet und so bleibt uns ein Blick in eine wenig spektakuläre Grube.

Costa Rica ist eines der wenigen Länder Zentralamerikas, in dem man keine grossen Spanisch-Kenntnisse braucht. Mit Englisch reist es sich ganz gut und auch haben wir noch nie so viel Deutsch oder Schweizerdeutsch gesprochen. Heute besuchen wir Fränzi, die mit ihrem Mann im Orosi-Tal lebt. In ihrer Schweizer Bäckerei gibt es Vollkorn-Knusperbrötchen und Zimtschnecken. Gestärkt fahren wir einmal quer durch den Grossstadtverkehr von San José und dann weiter zum Vulkan Arenal. Dort erwartet uns ein Bad in den naturbelassenen, heissen Quellen. Nicht bloss ein Becken, sondern das ganze Flusswasser ist wunderbar warm. Ein tolles Highlight, kostenlos dazu!

Die letzten Tage hatten wir eine getrennte Reiseroute, doch am Lago Arenal treffen wir wieder auf Anja und Tobi. Wir übernachten nebst einer verlassenen Windsurfschule. Ein paar Affen klettern in den Baumkronen über Rudolphs Dach und im Laub bahnt sich eine Schlange ihren Weg.

Die Westseite des Arenal Stausees gilt als Starkwind-Revier, wobei die Winde nur in der Trockenzeit bis Ende April beständig sind. Wir hoffen dennoch auf eine Brise. Für heute steht uns aber erstmals ein grosses Gewitter mit unzählig vielen Blitzen vor der Tür.

Bei der Tankstelle im kleinen Dorf Nuevo Arenal sprechen uns Heidy und Wolf auf Schweizerdeutsch an. Die beiden Auswanderer sind uns sofort sympathisch und so verbringen wir einen gemütlichen Grillabend zusammen am See.

Anderntags weht leider immer noch kein Wind am Lago.

Dafür dürfen wir die grossartige Gastfreundschaft von Heidy und Wolf geniessen. In bester Gesellschaft werden wir mit selbstgemachtem Brot, stichfestem (!) Natur-Yoghurt, einem super leckeren Fondue und noch einem Kaffee Luz dazu verköstigt. Vielen Dank für dieses grosse Stück Heimat!

Da die Aussichten auf Wind nicht besser werden, wollen wir unser Kite-Glück an der Pazifikküste versuchen. Im äussersten Nordwesten Costa Ricas befindet sich ein Spot an der Bahía Salinas. Unterwegs sorgt ein Wasserfall für Abkühlung.

An der Kite-Bucht selbst kann man nicht stehen, aber ein paar Kilometer weiter finden wir einen schönen, freien Stellplatz – typisch costa-ricanisch natürlich nicht ohne Tiere.

Und dann klappt es tatsächlich mit dem Wind – yeapiii!

Zum Abschluss stehen wir nochmals – wie könnte es auch anders sein – bei Schweizern. Agi und Guido sind vor 20 Jahren ausgewandert. Auf ihrer Finca Cabañas Cañas Castilla haben sie sich und ihren Gästen ein wahres Paradies erschaffen. Es gibt schöne Wanderwege, im Fluss ein Krokodil, ein Faultier zwischen den Ästen und ganz viele Klammeräffchen.

Dann heisst es schon Tschüss zu sagen. Costa Rica hat uns tierisch fasziniert!

Zusammen mit Anja und Tobi reisen wir weiter – in ein Land, auf das wir uns schon lange freuen – Nicaragua!