On the road again – Rudolph rollt wieder 🙂 Es ist ein fantastisches Gefühl, nach vier Wochen wieder in unserem Zuhause auf Rädern zu sein. Mit einem fetten Grinsen sind wir von Mérida nach Campeche unterwegs. Die Hafenstadt am südlichen Golf von Mexiko gefällt uns. Das historische Zentrum ist friedlich und bunt. Wir schlendern durch die alten Gassen und besteigen die Festungsmauern, welche die Stadt umgeben und einst dazu dienten, englische, französische und holländische Piraten abzuwehren.
Wir fahren weiter nördlich, der schönen Küstenstrasse entlang. In Ciudad del Carmen machen wir eine Pause für einen Strandspaziergang.
Die folgende Nacht verbringen wir bei einer Pemex, einer mexikanischen Tankstelle. Bei Sonnenaufgang fahren wir wieder los und kommen erst beim Eindunkeln am nächsten Übernachtungsplatz an. Die letzten Kilometer führen uns geschlängelt durch den Wald ins zentrale Hochland Mexikos. Die Nacht auf dem Mirador, einem Aussichtspunkt im Valle Central, wird bissig kalt. Die Höhe ist mal wieder merklich spürbar.
Mit Oaxaca erwartet uns eine belebte Künstlerstadt mit eleganten Kolonialhäusern und prunken Kirchen. Uns gefallen besonders die geschäftigen Märkte und dass auf den Strassen so viel los ist. Hier und da läuft Musik, werden Darbietungen vorgeführt, Hochzeiten und andere Feste gefeiert.
Im autofreien Zentrum Oaxacas wimmelt es von Verkäufern, Reisenden und farbenfroh gekleideten Indigenen aus der Umgebung. Auf dem Hauptplatz campieren Studenten und eine politisch geflüchtete Minderheit zum Protest.
Der Souvenir- und Essensmarkt ist zwar sehr toll, aber auch ziemlich touristisch. Da ist der grosse Samstagsmarkt, der Mercado de Abastos, ausserhalb der Altstadt authentischer. Wir geniessen den wunderbaren Mix an Geräuschen, Gerüchen und Farben. Von Insekten, rostigem Werkzeug, frischem Gemüse, Fleisch und Fisch zu Kleidern, Kunsthandwerk, Schweinen und Hühnern wird hier wieder einmal alles angeboten, was man sich nur vorstellen kann.
Oaxaca ist zudem bekannt für leckere Schokolade und Frischkäse sowie hochprozentigen Mezcal.
Im nahe gelegenen Dorf Santa María de Tule steht nebst der Kirche ein gigantischer Baum, der unglaubliche mehr als 2000 Jahre alt sein soll. Mit einer Höhe von über 40 und einem Durchmesser von 14 Metern ist der Árbol del Tule jedenfalls ganz schön imposant.
Wir fahren weiter ins fruchtbare Hochtal von Oaxaca und gelangen nach Hierve El Agua. Ein Ort, der uns von anderen Reisenden mehrfach empfohlen wurde, von dem wir aber kaum etwas wissen. Wir sind gespannt, was uns heute erwartet. Wow – und werden nicht enttäuscht! Wir blicken auf ein weites Tal mit Hügeln voller Kakteen, Gesteinsformationen und natürlichen Badebecken. Das mineralreiche Wasser, das von Kalk übersättigt ist, hat zwei weisse, „versteinerte“ Wasserfälle gebildet. Anders als es der Name vermuten lässt, vermag die heisse Quelle das Wasser im Pool nur leicht erwärmen. Doch nur schon wegen der traumhaften Aussicht lohnt sich ein frühmorgendlicher Sprung ins kühle Nass.
Wir lernen Celine und Mike aus Winterthur kennen. Die beiden sind mit ihrer Viejita, einem mexikanischen VW-Bulli, unterwegs nach Panama. Wir verstehen uns auf Anhieb sehr gut und beschliessen, den Tag zusammen zu verbringen. Wir fahren zurück durchs Tal von Oaxaca. Genau so haben wir uns Mexiko vorgestellt. Das Postkartenbild einer trockenen, fast menschenleeren Landschaft mit riesigen Kakteen, Männern im Pferdesattel, grasenden Eseln und Felder voller Agaven zur Herstellung von Tequila und Mezcal.
Im Dorf Tlacolula besuchen wir den indigenen Markt, lassen uns die örtliche Spezialität, eine gut gewürzte Ziegenfleisch-Suppe, und ein paar Gläschen Mezcal schmecken. Wie der Tequila wird auch der Mezcal aus dem Saft der Agave gewonnen, doch nur die aus der Region um die Stadt Tequila im Bundesstaat Jalisco stammende Spirituose darf sich Tequila nennen.
In Guendulain stehen wir zusammen mit Celine und Mike auf einem Campingplatz auf dem Grundstück eines kanadisch-amerikanischen Ehepaars. Wir erledigen und organisieren ein paar Sachen, mechen am Fahrzeug und Mike und Thomas versuchen leider erfolglos unseren Kühlschrank, der seit der Abfahrt in Mérida den Geist aufgegeben hat, zu reparieren.
Anderntags steht uns ein langer Fahrtag bevor. Von Oaxaca geht’s kurvenreich vom kühlen und nebligen Hochland an die tropisch heisse Pazifikküste herunter.
Im kleinen Hippie-Ort Playa Zipolite erfreuen wir uns eines schönen Meeresfront-Stellplatzes auf dem Camping La Habana.
Nach dem Motto „leben und leben lassen“ wird am Strand von Zipolite das Nacktbaden toleriert, was nur in ganz wenigen Orten in Mexiko der Fall ist. Die Atmosphäre am breiten Strand und in der Fussgängerzone mit ein paar Fisch- und Taco-Restaurants ist sehr chillig.
Der Küste von Oaxaca entlang tuckern wir nach Norden und halten unterwegs beim Meeresvorsprung Punta Cometa an. Die Sicht auf die felsige Küste und menschenleeren Strände und das Geräusch der rauen Brandung gefällt uns unglaublich gut.
In Mexiko existieren sieben von weltweit acht Meeresschildkröten-Arten. Vier davon leben vor der Küste Oaxacas. In der Gemeinde Escobilla widmet sich das Projekt „Feliz Tortuga“ dem Schutz der vom Aussterben bedrohten Schildkröten. Wir buchen eine Tour, bei der wir Golfina-Schildkrötchen, die vor wenigen Stunden geschlüpft sind, am Strand frei lassen dürfen. Wie es ihre Vorfahren seit Millionen von Jahren tun, kommen die Weibchen im Alter ab acht Jahren an den Strand zurück, wo sie selbst geboren wurden, um ihre Eier zu legen. Nebst den vielen natürlichen Feinden bedrohen die Menschen und die Umweltverschmutzung ihr Überleben. Nur ein einziges Prozent der Jungtiere wird es schaffen. Die Guides leisten dabei grossartige Arbeit. Jede Nacht verbringen sie Stunden am Strand, um Eier einzusammeln und jeden Tag gehen sie mit Touristen raus, die es wie wir so toll und süss finden, die Babyschildkrötchen frei zu lassen. Für die Männer selbst ist die Arbeit oft ermüdend und frustrierend. Nicht jeder kann das, erzählt uns unser Guide. Er selbst habe nie eine Schule besucht, aber mit den Meeresschildkröten kenne er sich dafür umso besser aus. Wir sehen den Winzlingen nach, wie sie instinktiv zum Meer krabbeln und in den Wellen verschwinden und hoffen, dass möglichst viele zurückkehren werden.
Die Nacht dürfen wir beim Ecozentrum auf der Wiese mit Feuerstelle verbringen.
Auf der Fahrt nach Puerto Escondido machen wir Halt bei einer kleinen Fabrik, vor dessen Eingang ein grosser Haufen Erdnüsse darauf wartet, zu Butter verarbeitet zu werden.
Puerto Escondido, der „unentdeckte Hafen“, wurde in den 70er Jahren von Hippies „entdeckt“ und entwickelte sich danach zu einem der grössten Touristenorte Mexikos. Der Playa Zicatella ist besonder bei Surfern beliebt, wobei die Wellen zu dieser Jahreszeit nicht so hoch sind.
Abends erfreuen wir uns eines grossen Openair-Konzerts der kubanischen Band Gente de Zona.
Die nächsten 400 Kilometer bis nach Acapulco brauchen Zeit und Geduld. Nebst den vielen Kurven sind es vor allem die in Mexiko so beliebten Geschwindigkeitsschwellen. Grosse und kleine, offizielle und selbst gebaute, signalisierte und versteckte – die unzähligen Speedbumbs, hier Topes oder Reductores genannt, können echt fies und ziemlich nervig sein. In Cuajinicuilapa verbringen wir wieder eine Nacht auf einer Pemex-Tankstelle und fahren anderntags früh wieder los. Am Nachmittag erreichen wir schliesslich die Hafenstadt Acapulco.
Ein Traum geht in Erfüllung. Seit ich als Teenager das Buch „die Klippen von Acapulco“ von Federica de Cesco gelesen habe, möchte ich die weltberühmten Klippenspringer sehen. Einer Legende nach sprang ein Fischer vor rund 100 Jahren das ersta Mal von der Quebrade, einem Felsen in Acapulco. Seit Jahren führen die Clavadistas profesionales, die professionellen Klippenspringer, täglich mehrere Vorstellungen vor. Jeder Sprung ist waghalsig und todesmutig. Zu Beginn der Vorführung erklimmen die Clavadistas die fast 40 Meter hohe Wand ohne irgendeine Absicherung. Oben verrichten sie ein Gebet und springen dann in die Tiefe. Der Sprung muss so berechnet sein, dass eine hereinkommende Welle den Springer davor bewahrt, auf dem Felsen aufzuprallen.
Wir verlassen die Küste und fahren wieder ins Inland. Auf 1800 Meter Höhe liegt die Silberstadt Taxco inmitten einer malerischen Bergkulisse. In den romantischen Gassen tummeln sich Touristen und kurven viele VW-Käfer umher.
Puebla, eine Provinzhauptstadt südöstlich von Mexiko City, ist bekannt für Töpfereien und kobaltblaue Keramik-Fliesen, die Kuppen und Wände verzieren. Ein paar Kilometer ausserhalb der Stadt raucht der 5400 Meter hohe, aktive Vulkan Popocatépetl. Wir bummeln durch die Altstadt und schmökern in den vielen Antiquitäten-Läden. Die Schäden vom grossen Erdeben vom 19. September 2017 sind noch immer sichtbar.
Das Volkswagen- und Audi-Werk ist ein grosser Arbeitgeber in Puebla, weshalb hier viele Deutsche leben. Auch Danny arbeitet während drei Jahren fürs VW-Werk in Mexiko. Wir haben Danny, Christiane und ihre vier aufgestellten Kinder in ihrem Urlaub in Guatemala kennengelernt und dürfen sie nun bei sich Zuhause in Puebla besuchen. Wir freuen uns riesig über das Wiedersehen und die herzliche Gastfreundschaft der Familie. Wir geniessen super gesellige Tage. Auch in Mexiko ist es jetzt Winter, wobei der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht 20 Grad ausmacht. Tagsüber ist es sonnig warm, sodass wir den deutschen Weihnachtsmarkt mit Flipflops besuchen. Abends wird es früh dunkel und kalt, was aber die warme Stube noch gemütlicher macht.
Eigentlich wollten wir schon weiterfahren, als uns Christiane und Danny einladen, mit ihnen und ihren Freunden übers Wochenende an den Lago Tequesquitengo zu fahren. Es ist ein Abschiedsfest von zwei Familien, die bald nach Deutschland zurückkehren. Auswandern auf Zeit – uns imponiert der Mut dieser Familien, ihren Alltag im Heimatland für ein paar Jahre zu verlassen. Es wird ein tolles Wochenende mit vielen spannenden Gesprächen und einer lustigen und fröhlichen Stimmung.
Bevor wir weiterfahren, gibt es noch das eine und andere zu erledigen. Thomas geht zum Zahnarzt, Rudolph bekommt neue Bremsen und glücklicherweise finden wir jemanden, der unseren Kühlschrank reparieren kann.
Nach den wunderschönen Tagen fällt uns der Abschied nicht leicht und so hoffen wir auf ein baldiges Wiedersehen und sagen vielen lieben Dank für die super tolle Zeit!