Von Montevideo nach Puerto Iguazú

Rudolph – unser Zuhause auf vier Rädern, Sonnenschein, heisse Temperaturen mit einer erfrischenden Meeresbrise. Was wollen mir mehr!

„Hoi zäme“- auf dem Campingplatz Paraiso Suizo, rund 70 Kilometer nördlich von Montevideo, spricht man Schwiizerdütsch. Silvia und Heinz bewirtschaften hier einen hübschen Platz direkt am Meer. Es ist ein Platz zum Verweilen. Wir unterhalten uns mit anderen Campern und bekommen als „Neulinge“ viele Informationen und Tipps für unseren Reisestart. Wir lernen Dorly und Wolfgang kennen. Ein Schweizer Ehepaar, das bereits die ganze Welt bereist hat. Es ist gemütlich und so bleiben wir noch eine Nacht länger.

Die Fahrt geht weiter der uruguayischen Küste entlang in Richtung Chuy. Das Wetter ist heute trüber, doch wir haben Glück und entdecken Delfine in Strandnähe.

Es ist Freitag, der 26. Februar, als wir uns für einen Übernachtungsplatz am Strand entscheiden. Einen Meter zu weit, wir stecken im Sand fest. Die ersten Versuche scheitern und so stehen wir bald mit der ganzen Hinterachse tief im weichen Sand. Es wird dunkel. Klarer Sternenhimmel, aufkommender Wind, auf dem Meer ein Kreuzfahrtschiff und irgendwo in der Weite ein Häuschen mit Licht. Sonst nichts. Die Taschenlampen müssen her. Ich glaube nicht mehr, dass wir es alleine aus der Misere schaffen. Doch Thomas gibt nicht auf. Zwei Stunden vergehen. Schliesslich ist es ein eigentlich überflüssiges Gepäcksstück, unser Einstiegstrittbrett, das uns dann zusammen mit dem Wagenheber, zwei gefundenen Stück Holz und unseren Gripmatten rettet. Puuh! Zur Verdauung gibt es einen Schluck Grappe de Miel, uruguayischer Honigschnaps, bevor wir erleichtert und erschöpft in einen tiefen Schlaf fallen.

Unterwegs machen wir Halt beim malerischen Fischer-Dorf Cabo Polonio. Cabo Polonio ist weder an das Strassennetz noch an die Strom- und Wasserversorgung angeschlossen. Dafür gibt es Robben, viel Wind zum Surfen und wunderschöne Strände. Vom Parkplatz aus geht es wackelig auf umgebauten Allradfahrzeugen durch die Dünnen zum schmucken Hippie-Ort. Wir verbringen den Tag mit Nichtstun.

Es ist schon spät als wir abends in Chuy ankommen. Der einzige Campingplatz vor der Grenze verlangt einen für uns viel zu hohen Preis. Da wir anderntags früh weiter über die Grenze nach Brasilien wollen, parkieren wir schliesslich unter einer Strassenlaterne vor einem Supermarkt.

Sonntagmorgens passieren wir die brasilianische Grenze. Die Formalitäten sind rasch erledigt, die Beamten gähnen noch und wollen uns rasch wieder loswerden.

Mit der Vorstellung unendlicher Soja- und Maisfelder reisen wir nach Brasilien ein. Wir werden erstmals eines anderen belehrt. Saftgrüne Wälder und eine prachtvolle Natur erstrecken sich entlang der Schnellstrasse. Wir staunen, als wir am Flussufer Tapire entdecken. Die vom Aussterben bedrohten Tiere gibt es nur noch selten zu sehen und sie sind eigentlich nachtaktiv.

Die Sommerferien sind zu Ende. Der Herbst naht und die Temperaturen sind nicht mehr arg so heiss. Als wir in São Lourenço do Sul auf dem örtlichen Camping Municipal ankommen, sind noch einige einheimische Wochenendcamper auf dem Platz. Es wird viel geplaudert, grilliert und im See gebadet. Abends leert sich der Platz und wir stehen – wie später noch öfters – fast alleine da. Wir geniessen die Ruhe und grosse Freiheit! Der Gesprächsstoff geht uns dabei bei weitem nicht aus und Langeweile ist in ferner Sicht. Es gibt viel zu sehen und bestaunen und immer etwas zu tun, am Fahrzeug zu schrauben, um- und aufzuräumen, Routen zu planen, Spanisch zu lernen, Fotos auszusortieren und schliesslich auch wieder einmal am Reiseblog zu schreiben 😉

Unsere Fahrt geht weiter. Nach Porto Alegre kommen wir wieder an die Atlantikküste. Wir übernachten auf einem kleinen Platz in der Stadt Torres. Zuerst nicht als Campingplatz erkennbar, werden wir von einem jungen Mann nett begrüsst und hinter die Mauern gewinkt. Wir sind, vielleicht schon seit längerem, die einzigen Gäste. Eine Gemeinschaftsküche wird für uns geputzt und so nutzt Thomas die Gelegenheit einen Zopf zu backen.

Weiter nordwärts, um die Gegend von Florianópolis, übernachten wir zwei Mal auf einer Autobahnraststätte zwischen LKW’s. Die Plätze sind meist gut ausgestattet und wir fühlen uns sicher.

Nach der modernen, reichen und prunken Stadt Florianópolis begegnen wir auf dem Weg landeinwärts viel Armut. In Indigenen Reservoirs leben die Menschen unter Blachen. Kinder betteln am Rande der Schnellstrasse. In Brasilien lebt rund 35 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Die Strasse führt talauf und -abwärts. Hier sehen wir dann erstmals die erwarteten Sojafelder und die Fabriken der Grosskonzerne.

In Sulina, ein kleines Dorf im Landesinnern, suchen wir einen Campingplatz bei einer Therme auf. Wir werden überrascht: ein gepflegtes, riesiges Resort inmitten einer wunderschönen Natur. Nach den vielen Stunden Autofahrerei entscheiden wir uns, eine Nacht zu bleiben. Das Personal ist schon am Herbstputz und wir sind auch hier, bis auf vier Personen aus den Bungalows, die einigen Camping-Gäste.

Als wir anderntags in Richtung Foz do Iguaçu aufbrechen, machen wir im Dorf einen Halt vor einer kleinen Autowäscherei. Es wird Zeit, dass Rudolph vom ganzen Dreck, Staub, Sand und Salz der vergangenen Wochen befreit wird. Eine Stunde müssen wir warten, dann wird er von einer ganzen Familie während einer weiteren Stunde gewaschen und auf Hochglanz gebracht. Für knapp 15 Franken haben wir wieder ein Fahrzeug, das wie neu aussieht. Nicht nur Rudolph strahlt, sondern auch Thomas hat für die nächsten Stunden ein Schmunzeln im Mundwinkel.

Die Menschen, denen wir in Brasilien begegnen, sind enorm freundlich, herzlich und hilfsbereit. Dabei wird unser „não falam Português“ oft gänzlich ignoriert. Die Leute sind interessiert, aber nie aufdringlich. Häufig werden wir auf Parkplätzen, in Supermärkten und an den Tankstellen gefragt, von wo wir herkommen und wo wir hinfahren. Das grosse Nummernschild mit Wappen beeindruckt ebenso wie der weite Weg mit einem Schiff von Europa nach Südamerika. Auch durch die erste militärische Polizeikontrolle kommen wir – vielleicht dank unserer doch noch geringen Sprachkenntnisse – unproblematisch.

Nach knapp drei Wochen und gut 3000 Kilometer kommen wir auf einem herzigen Camping in Foz do Iguaçu an. Die Cataratas (Wasserfälle) befinden sich im Dreiländereck von Argentinien, Brasilien und Paraguay. Vormittags besuchen wir einen sehr schönen Vogelpark gegenüber dem Eingang zu den Wasserfällen.

Nachmittags ist es dann soweit. Ein unglaubliches Panorama mit enormem Rauschen und Zischen verschlägt uns fast den Atem. Urgewalten toben. Der Klang des Wassers ist einfach gigantisch. Auf dem Fusspfad entlang der Wasserfälle begegnen uns zahlreiche Nasenbären. Der Pfad endet beim absolut spektakulär tossenden „Garanta del Diabolo“, dem Teufelsschlund.

Der Rio Iguazú stürzt in mehreren hundert einzelnen Fällen bis zu 70 Meter tief hinab. Es tobt und brodelt. Brausend stürzt der Fluss hinab. Feiner Nieselregen steigt weit in die Höhe. Iguazú heisst in der Guarani-Sprache „grosses Wasser“ und ist wahrhaftig der richtige Name. In einer Gesamtbreite von rund 2700 Meter stürzen die Wassermassen in rund 275 Einzelfällen hinab.

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Nach einem Tag Verdauungspause geht es nach Argentinien, um die Wasserfälle von dieser Seite nochmals hautnah zu erleben. In Puerto Iguazú stehen wir auf dem Campingplatz Costa Ramón in Mitten einer wunderschönen Natur und Tierwelt oberhalb des Flussufers.

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