Märchenhafte Wälder, ein magischer Quetzal und verwunschene Maya Skulpturen – Honduras

Honduras – an was denkst du, was kommt dir bei diesem Land in den Sinn?
Ehrlich gesagt, wissen wir fast nichts. Irgendwie stellen wir uns Honduras ziemlich arm und vielleicht auch gefährlicher als andere Länder vor. Doch woher kommt dieses Bild? Liegt es daran, dass wir von anderen Reisenden nur sehr wenig über dieses Land gehört haben, dass viele Overlander Honduras zwischen Nicaragua und El Salvador lediglich kurz durchqueren? Oder ist es vielleicht die internationale Berichterstattung, die uns über Honduras wenig erzählt und wenn, dann nicht gerade Positives zu berichten vermag. Als unsere Nati an der letzten Fussball-Weltmeisterschaft gegen Honduras spielte, haben Schweizer Medien beispielsweise davon berichtet, dass die Gegner aus dem Land mit der weltweit höchsten Mordrate kommen.
Honduras gehört tatsächlich zu den ärmeren Ländern Lateinamerikas. Seit der Unabhängigkeit von Spanien 1821 war das Land von unzähligen Putschen, Rebellionen und Machtergreifungen betroffen. Politische Unruhen und Kriege im In- und benachbarten Ausland verhinderten einen Wachstum. Dazu kommen gelegentlich Naturkatastrophen wie der Hurrikan Mitch, der vor knapp 20 Jahren schwer über Honduras wütete. Seit einigen Jahren ist die politische Situation aber stabil. Ein erstes Stöbern im Reiseführer lässt Vorfreude aufkommen und so können wir es kaum erwarten, uns ein eigenes Bild von Honduras machen zu dürfen.

Zentralamerika_Honduras

Nach dem Aufenthalt in El Salvador reisen wir unproblematisch und rasch wieder in Honduras ein. Auf dem Weg in Richtung Hauptstadt sind es nicht die Schlaglöcher, sondern viele Baustellen, die das Vorwärtskommen ziemlich entschleunigen. Für 90 Kilometer brauchen wir fast vier Stunden. Wie in anderen lateinamerikanischen Ländern ist es eben auch in Honduras. Fahrdistanzen in Kilometern sind meist wenig aussagekräftig. Besser man spricht von den benötigten Anzahl Stunden, die man braucht, um von A nach B zu gelangen. So kommen wir halt nicht zur Mittagszeit, dafür am späteren Nachmittag in Tegucigalpa an.
„Hier links, dann rechts auf die Schnellstrasse einspuren, aber pass auf, gleich nach 100 Metern biegen wir wieder nach links ab“, doch soweit kommen wir gar nicht. Auf der Zufahrt zur mehrspurigen Hauptstrasse kracht es laut. Was ist passiert? Inmitten der Hauptstadt haben wir ein Stromkabel übersehen, das dummerweise etwas tiefer als der Rest des herrlichen Elektro-Kabelsalats hängt. Die Dachbox bleibt hängen, der Inhalt landete einmal komplett auf der Strasse und die Box, ja die ist definitiv im Elend.

Strassenverkäufer vor Lichtsignalen gibt es fast überall, doch selten haben wir so viele gesehen, wie auf dem Weg in die Hauptstadt Tegucigalpa. An jeder Baustelle und jeder Ampel werden Früchte, Aguacitas (Wasser in kleinen Plastikbeuteln), Kokosnüsse, Schleckwaren, Popcorn, Zuckerwatten, elektronische Fliegenklatschen, Steuerräder und noch viel mehr angeboten. Männer, Frauen, Kinder und Betagte, sie alle verkaufen irgendetwas. Hier auf den Strassen geht’s ums tägliche Überleben. Wir suchen einen Übernachtungsplatz, wo wir in Ruhe die Unordnung im Bus aufräumen können. Beim Shoppingcenter Megaplaza werden wir fündig. Wir dürfen auf dem Parkplatz übernachten, kostenlos, inklusive super freundlichem Wachpersonal und Kameraüberwachung. Schwups… plötzlich befinden wir uns da, wo sich die vornehme Oberschicht Honduras tummelt. In der hochglänzenden Mall gibt es so ziemlich alles an vornehmen Läden, selbst einen SwissOptics. So modern haben wir uns Honduras gar nicht vorgestellt. Auch hier in Tegus ist der gewaltige Unterschied von Arm und Reich nicht weniger auffällig als in anderen Grossstädten.

Anderntags kurven wir oberhalb der Hauptstadt auf einer wunderschönen Bergstrasse durch kleine Dörfer und über bewaldete Hügel. Honduras beginnt uns richtig gut zu gefallen. Wir kommen nach San Juancito, einem einstigen Goldgräberstädtchen. Gut 70 Jahre wurde in der Mine Peña Blanca Gold und Silber abgebaut. In den 1950er Jahren verliessen die Minenarbeiter den Ort. 1980 wurde der Bergnebelwald zum Nationalpark erklärt und konnte sich gut von den Minenarbeiten regenerieren. Heute herrscht in San Juancito ein gemütliches Ambiente. Ein Weg führt steil bergauf zum Besucherzentrum Rosario, wo wir sehr herzlich empfangen werden.

Wir haben Glück und verbringen bei traumhaftem Wetter zwei wunderbare Tage im Nationalpark La Tigra. Fern von der Hektik der Grossstadt geniessen wir das frische, kühle Klima und dass wir hier unbeschwert, ohne Guide oder Polizeischutz, wandern können. Auf den Pfaden sind wir fast alleine, nur das eine oder andere Tier kreuzt unseren Weg. Hier im dichten Bergnebelwald wachsen riesige Farne und überall hängen Lianen herunter. La Tigra ist der Lebensraum von Pumas, Pekaris, Ameisenbären und vielen anderen Tieren. Hohe Bäume, deren Stämme von Moosen und Flechten, Bromelien und Orchideen bewachsen sind, umgeben uns. Wir wandern über Wurzeln und kleine Brückchen und fühlen uns unter der dicken Baumdecke wie in einem verwunschenen Märchenwald. Auf einem Schild im Wald steht: Geniesse es, dass dein Körper erfährt, was Leben heisst! 🙂 Nur schon wegen dieses tollen Nationalparks hat es sich gelohnt, nach Honduras zu kommen!

Doch damit nicht genug. Völlig unverhofft haben wir das grosse Glück, den wohl schönsten Waldbewohner zu entdecken. Nur wenige Meter von uns entfernt, sitzt ein männlicher Quetzal auf einem Ast! Das Herz bleibt uns fast stehen, was für ein magischer Moment! Wow!!! Nur an ein Foto denke ich erst, als der Quetzal knapp über unsere Köpfe hinweg davon fliegt. Damit ihr daheim doch auch wisst, wie wunderschön so ein Quetzal mit seinem schillernd grün-blauen Federkleid, dem roten Bauch und seiner bis zu einem Meter langen Schwanzfeder ist, konnte ich es mir ausnahmsweise nicht nehmen lassen, zwei Fotos aus dem Netz zu stibitzen… Waldrodungen verkleinern den Lebensraum de Quetzals stark, der ausschliesslich in den Gebirgswäldern zwischen Panama und dem südlichen Mexico vorkommt. Wegen seiner wunderschönen Schwanzfeder, die zeitweilig wertvoller als Gold war, wird er gejagt. Heute ist ein Quetzal leider nur noch sehr selten anzutreffen, umso wertvoller sind Naturreservate und Nationalparks wie La Tigra.

Aber nun, was machen wir eigentlich wegen der kaputten Dachbox?

Wie es der glückliche Zufall will, lernen wir Monika und Jörg kennen. Das sympathische Paar ist vor 18 Jahren von Deutschland nach Honduras ausgewandert. Wir sind auf Kaffee und Kuchen eingeladen. Die beiden bieten uns an, bei ihrem zweiten Haus unten im Dorf zu stehen und die Werkstatt zu nutzen. Perfekt! Das ist genau das, was wir für einen Umbau brauchen. In Tegucigalpa überrascht uns der Baumarkt Larach mit einem riesigen Sortiment. Hier finden wir alles an Material, was wir benötigen. Die nächsten Tage verbringen wir damit, die Ware aus unserem ehemaligen Estrich im Fahrzeuginnern zu verstauen.

Es entsteht quasi ein Sideboard. Ziemlich chic und gemütlich, oder? Nur unser Bett ist nun nicht mehr King-Size 😉 Ab nun liegen wir quer im Fahrzeug, doch auch daran werden wir uns gewöhnen.

Während des Umbaus geniessen wir es, ein paar Tage sesshaft zu sein. Der Nachbars-Schäferhund Tobi leistet uns gute Gesellschaft. Ruth, die gegenüber wohnt, verwöhnt uns mit honduranischen Spezialitäten. Selbst zur Geburtstagsparty ihres 4-jährigen Sohns Jonathan sind wir eingeladen. An der grossen Spiderman-Party fehlt es an nichts. Der DJ am Mikrofon übertönt die Musik und sorgt für Stimmung. Die Kiddies schlagen eine Piñata, es wir getanzt und natürlich viel gegessen. Die Latinos lernen schon früh, wie man Party macht!

Das einzige Übel: Nach dem Fest liegen wir alle wegen eines Magendarm-Virus flach. Doch auch davon erholen wir uns und so waren es einfach nur ganz tolle und gemütliche Tage hier in San Juancito. Ganz herzlichen und lieben Dank an Ruth und natürlich an Monika und Jörg für eure grossartige Gastfreundschaft!

Wir rollen wieder. Auf der Ruta 41 lernen wir das ländliche Honduras kennen. Wie in Nicaragua ist auch hier vieles zu Pferd unterwegs.

Die 41 führt uns nach La Union. Die letzten Kilometer hoch zum Nationalpark La Muralla sind steil und steinig.

Wir sind die einzigen Besucher im Park. Das Wandern im La Muralla ist nur mit Guide möglich. Pedro, der hier oben wohnt, führt uns durch den Nebelwald. Nach einer ruhigen und kühlen Nacht stapfen wir in aller Frühe los. Leider haben wir heute weniger Glück. Wir entdecken kaum ein Tier und dann beginnt es auch noch in Strömen zu regnen. Dafür gibt’s pinke Blümchen 😉

Wir kehren zurück zum Besucherzentrum, nehmen Pedro noch mit nach La Union und tuckern weiter in Richtung Norden. Eine gute Piste führt uns durch Bergkieferwälder, runter ins Flachland und schliesslich an die Karibikküste. Im Tiefland steigen die Temperaturen und wir kommen an vielen grossen Bananen- und Palmölplantagen vorbei.

An der Karibikküste verbringen wir eine Nacht auf dem Parkplatz bei Helen’s Restaurant & Hotel, wo wir wieder einmal eine gute Internetverbindung nutzen.

Der Pico Bonito ist der grösste Nationalpark des Landes. Der schöne Gipfel ist allerdings nur schwer und in mehreren Tagen Fussmarsch zu erreichen. Wir entscheiden uns für eine Tageswanderung. Übernachten dürfen wir auch hier auf dem Parkplatz des Besucherzentrums. Eine Hängebrücke führt uns über den Río Cangrejal, bevor wir zur Abwechslung in tropischen Tiefland-Regenwald eintauchen. Während der steile Pfad für einen erhöhten Puls sorgt, lässt uns die tropische Hitze wie in einem Dampfbad schwitzen. Belohnt werden wir mit dem imposanten Wasserfall El Bejuco, den wir ganz für uns alleine haben.

Hier oben an der Karbik hat Honduras mit seinen Trauminseln Utila, Roatán und Cayos Cochinos inmitten des Korallenriffs ein tolles Schnorchel- und Taucherparadies zu bieten. Hier kann man zu günstigen Preisen einen Tauchschein machen. Doch das wollen wir auf eine andere Reise verschieben. Heute geht es auf dem Landweg weiter, wieder in Richtung Landesinnere. Am Rande der Landstrasse gibt es wieder super leckere Avocados und Früchte wie Mangos, Litschis, Melonen, Guanabana, Ananas und Papayas zu kaufen.

Auch zwischen San Pedro Sula im Nordwesten und dem südlichen Tegucigalpa zeigt sich, dass Honduras in den Strassenbau investiert. Wir befinden uns auf einer super guten, mehrspurigen Autobahn. Nur die Fahrzeuge sind auch hier nicht ganz so beladen, wie das in Europa wohl so konform ist 😉

Bei unserem nächsten Stellplatz bei der Kleinbrauerei D&D Brewery geniessen wir ein eiskaltes Bier direkt vom Fass.

Auf dem Lago Yojoa, dem grössten Binnensee Honduras, der für seine grosse Vogelwelt bekannt ist, paddeln wir mit dem Kajak umher.

Die honduranische Währung ist nach dem Häuptling Lempira benannt. In Garcias, der Hauptstadt der Provinz Lempira, findet gerade ein Fest zur Feier dieses grossen Kriegers statt. Sein Standbild steht auf dem Hauptplatz und erinnert daran, wie tapfer der junge Führer Lempira im 16. Jahrhundert mit einer kleinen Armee von rund 30‘000 Mann gegen die spanischen Eroberer kämpfte. Sein Kampf gegen die Invasoren geht in die Geschichte als letzter und grösster indianischer Widerstand in Honduras ein. Der Nationalheld hat bis heute eine identitätsstiftende Bedeutung. Ein Bauer aus der Provinz rennt gegen eine Weltmacht an und hält sie, zumindest eine Weile lang, auf.

Die Strasse von Gracias nach Copán ist gut und asphaltiert. Das Navi maps.me kennt aber mal wieder eine Abkürzung, welche auf unserer Strassenkarte nicht eingezeichnet ist. Mmhh… wir wollen es riskieren und werden mit einer spektakulären Fahrt belohnt. Hier im Hinterland kommt wohl kaum ein Tourist vorbei. Die Hänge und Hügel werden mühsam von Hand bewirtschaftet. Vor allem Kaffee und Bananenstauden wachsen zwischen den Kieferwäldern. Die Welt erscheint uns hier wild und idyllisch zugleich. Eine perfekte Szenerie für eine Liebestragödie. Die Piste ist etwas rumplig, doch das gehört zum Abenteuergefühl. Die Cowboys auf ihren Pferden, die hier ein hartes, aber einfaches Leben führen, winken uns etwas verlegen zu. Kurz bevor wir zurück auf die Hauptstrasse gelangen, stehen wir etwas ratlos an einem Fluss. Die Brücke scheint es weggeschwemmt zu haben. Durch den Fluss oder alles wieder zurückfahren? Das Wasser kommt stellenweise bis zu den Knien hoch und hat eine ganz schön starke Strömung. Dennoch, wir probieren und schaffen es. Rudolph, du bist unser grosser Held im Abenteuer wilder Westen von Honduras!

Zu guter Letzt besuchen wir mit den Ruinen von Copán die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit. Es sind unsere ersten Maya Ruinen, bis nach Mexico werden noch einige folgen. Was Copán in der Maya-Welt aber einzigartig macht, sind die vielen gut erhaltenen Skulpturen, die von einer erstaunlich grossartigen Steinbildhauer-Kunst zeugen. Zusammen mit den roten Aras, die für die Maya heilig waren, verleihen sie der Stätte einen verträumten und verschwunschenen Charakter. Die meisten der schönen Stelen stammen aus dem Jahr 613 bis 738 und scheinen ursprünglich bemalt gewesen zu sein. Bis heute ist unklar, weshalb die Hochkultur der Maya unterging. Was man weiss, ist dass der erste König Copáns ein grosser Schamane und Krieger war, der als halbgöttlicher Sonnenherrscher Quetzal-Ara von den 16 folgenden Königen verehrt wurde. Die Könige, die hier in der klassischen Maya-Periode von 250 bis 900 regierten, trugen Namen wie Rauch-Jaguar, Rauch-Muschel oder 18 Kaninchen. Unter den sichtbaren Ruinen liegen weitere Bauwerke, denn die Mayas haben hier in mehreren Schichten übereinander gebaut. So liegt der einst rote Rosalila-Tempel, dessen Nachbau im Skulpturen-Museum steht, unter der Erde begraben, genauso wie noch weitere Tempel. Wir verbringen Stunden in den Ruinen und geniessen die ruhige Atmosphäre inmitten des Dschungels.

Honduras vermochte uns auf zauberhafte Art und Weise überzeugen und hat uns mehr als positiv überrascht. Obschon als Reiseland noch wenig bekannt, sind seine Sehenswürdigkeiten nicht weniger attraktiv. Das tolle ist, dass man hier weit weg vom Massentourismus eine tolle Natur und einzigartige Tierwelt erkunden kann. Das Reisen durch Honduras war für uns problemlos. Wir haben uns durchgehend sicher gefühlt und die Gewalt oder Kriminalität war nicht wahrnehmbar, wobei wir uns auch nicht in den heissen Gegenden aufgehalten haben. Schliesslich sind Banden oder Drogenschmuggler wohl aber auch kaum an uns Touristen interessiert. Die Polizeipräsenz im Land war hingegen spürbar. Wir sind durch viele Kontrollen gefahren, wobei uns die Polizei kein einziges Mal angehalten hat. Die Infrastruktur ist viel moderner und die Strassen sind besser, als wir uns das vorgestellt haben. Schliesslich sind es die Menschen, die ein Land ausmachen. Der kurze, schöne Moment eines gegenseitigen Lächelns oder Zuwinkens, wenn wir beispielsweise durch kleine Dörfer fahren. Von solchen Momenten haben wir in Honduras viele erlebt. Die Menschen haben wir als überaus freundlich, aber auch respektvoll zurückhaltend erlebt.

Danke Honduras für diese tolle Reisezeit!

Im Land der Pupusas – El Salvador

Bei Guasaule verlassen wir Nicaragua, reisen nach Honduras ein und noch am selben Tag wieder aus. Bevor wir Honduras bereisen, wollen wir nach El Salvador, denn dort sind wir in wenigen Tagen mit Martín verabredet.

Von Honduras sehen wir also vorerst nur 130 Kilometer Panamericana, die hier nicht gerade als Schnellstrasse bezeichnet werden kann. Die vielen Schlaglöcher im Belag fordern nicht nur Hochkonzentration, sondern auch viel Zeit. Wir sind auf der Transit-Strecke mit vielen Lkw’s unterwegs. Bei einer Tankstelle, wo wir eine kurze Mittagspause verbringen, begegnet uns ein junges Mädchen, das Geld für ihre an Brustkrebs erkrankte Mutter sammelt. Solche Begegnungen machen uns traurig und nachdenklich. Ein Grossteil der Menschen in Honduras ist nicht krankenversichert und vermag sich nicht einmal eine ärztliche Behandlung in einem staatlichen Krankenhaus leisten. Das Geld reicht oft gerade so, um von der Hand in den Mund zu leben. Was für ein immenser Unterschied zu unserem Leben und dem extremen Gesundheitssystem in Europa!

Nach einigen Stunden Fahrerei kommen wir etwas klebrig und müde am nächsten Grenzposten an. Die Hitze drückt und noch während wir einen Parkplatz suchen, springen uns ein paar Grenzhelfer an. Ziemlich hartnäckige Männer, die uns beim Erledigen der Formalitäten gegen Entgelt behilflich sein wollen. Von Reisenden, die von Nordamerika her kamen, haben wir einige dramatische Stories zu Grenzübergängen in Zentralamerika gehört. Tatsächlich ist es hier zwischen Honduras und El Salvador etwas chaotischer als üblich und auch die Fahrzeugeinfuhr dauert halt so seine Zeit. Doch wir sind froh, um die in Südamerika gewonnen Erfahrungen. Was Grenzen betrifft, so sind wir allmählich routiniert, die Verständigung auf Spanisch verläuft mittlerweile problemlos und die lateinamerikanische Gelassenheit scheint schon etwas auf uns abgefärbt zu haben. So atmen wir einmal tief durch, trinken einen Schluck Wasser und sagen den Schleppern freundlich, aber bestimmt, dass wir ihre Hilfe nicht brauchen. Dann bahnen wir uns im Gewühl von Grenzübergängern, Beamten, Geldwechslern, streunenden Hunden und bettelnden Menschen den Weg von einem Schalter zum nächsten. Heute machen wir es uns selbst etwas komplizierter, als es wäre, denn wir wollen unsere Fahrzeugeinfuhrbewilligung, die uns heute früh bei der Einreise nach Honduras 35 US-Dollar gekostet hat, während des Aufenthalts in El Salvador nicht verlieren. Zuerst heisst es, das ginge nicht. Doch nach einiger Sucherei finden wir den Container mit der Zollchefin persönlich, die uns unkompliziert eine Spezialbewilligung erteilt.

El Salvador ist etwa halb so gross oder besser klein wie die Schweiz. Das Land grenzt im Süden an den Pazifik, im Nordosten an Honduras und im Nordwesten an Guatemala. Für heute sind wir genug gefahren und so stellen wir uns bei der ersten grösseren Tankstelle hin. Der Security mit umgehängter Pumpgun will gegen zwei Dollar auf uns aufpassen. Nach einer kalten Dusche fallen wir mit dem surrenden Geräusch des Ventilators in einen tiefen Schlaf. Anderntags fahren wir runter ans Meer. An der Pazifikküste um El Cuco ist wenig los, dennoch finden wir zwischen all den Privatgrundstücken keinen öffentlichen Zugang zum Wasser.

Also fahren wir, immer weiter der Küste entlang. Die geteerte Strasse wird zur steinigen Piste, auf der wir holprig einen Hügel nach dem anderen hoch und wieder runter tuckern. Rudolphs Räder spulen ein paar Mal, Äste kratzen an der Seite vorbei und der Weg wird nicht besser, sondern immer schlechter. „Wie weit geht denn das noch so?“ fragt mich Thomas. Angespannt schaue ich aufs Navi. Bis zu einer – vermutlich – besseren Strasse ist es weiter, als wenn wir umkehren. Da gäbe es nur ein Problemchen… eine Wendemöglichkeit gab es schon eine Weile nicht mehr. Bevor wir im Nirgendwo stecken bleiben, probieren wir gleich hier, wo der Weg etwas breiter ist, zu wenden. Unser guter alter Rudolph schafft’s und wir atmen auf. Noch ein Foto vom Gürteltier am Wegrand und wir fahren schweigend die holprige Strecke zurück.

El Salvador entpuppt sich als ein wahres Streetfood-Paradies. Auf dem Weg in die Berge sind die Strassen immer wieder von Verkaufsständen gesäumt. Im Dorf Alegría sind die gut 1200 Meter Höhenunterschied spürbar, denn es ist viel kühler. Alegría heisst Freude und die kommt inmitten der vielen Leckereien auch bei uns auf. An jeder Ecke wird ein Happen zu essen angeboten. Von Tortillas über Grillwaren zu Kaffee und Torte… So ist es doch wieder einmal mit den Plänen… statt eines Strandtages am Meer gibt es einen nebligen, regnerischen, aber kulinarisch süssen Sonntagnachmittag in den Bergen. Wir probieren die Spezialität schlechthin. Pupusas – das sind kleine, runde Mais- oder Reismehl-Tortillas, die mit Käse, Bohnenpaste, Chicharrón (Schweinespeckschwarte) oder mit Revuelta, das heisst mit allen drei Zutaten, gefüllt und grilliert werden und sehr, sehr lecker schmecken! Dazu wird meist eine scharfe Sauce und ein riesiger Kübel Curtido, eingelegtes Gemüse und Sauerkraut, aufgetischt. Pupusería’s findet man in El Salvador an jeder Strassenecke.

Etwas oberhalb des Dorfes verbringen wir eine angenehm kühle Nacht an der kleinen Vulkankrater-Lagune.

Suchitoto ist eine koloniale Gemeinde im Norden El Salvadors, wo es ganz gemütlich zu und her geht. So ruhig war es hier aber nicht immer. Von 1980 bis 1991 herrschte in El Salvador ein Bürgerkrieg. Starke Ungleichverteilung von Besitztümern und Ländereien, Wahlbetrug, Korruption, Unterdrückung und skrupellose Bereicherungen führten zur Bildung von Guerillagruppen. Die erfolgreiche Revolution in Nicaragua wurde zum Vorbild für den bewaffneten Kampf. Als der Erzbischof Oscar Romero, der sich für Gerechtigkeit im Land stark machte, während einer Messe erschossen wurde, brach der Bürgerkrieg aus. Auch in El Salvador mischten die USA unschön mit, indem sie aus Angst vor einer sozialistischen Revolution riesige Summen in das untergehende salvadorianischen Militärregime pumpten und den Konflikt damit nur noch verlängerten. Während des Krieges verloren rund 75‘000 Menschen ihr Leben. Regierungstruppen ermordeten ganze Dörfer. Hunderttausende flüchteten ausser Land. 1990 wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet, worauf die paramilitärischen Gruppierungen und Todesschwadronen aufgelöst und durch eine nationale zivile Polizei ersetzt wurden. Die soziale Ungleichheit blieb aber auch nach Ende des Bürgerkriegs erhalten.

Nicht nur die Landeswährung ist mit dem Dollar US-amerikanisch. In der Hauptstadt San Salvador reihen sich Leuchtreklamen und riesige Werbeplakate aneinander und es wimmelt nur so von verschiedensten Fastfood-Ketten, Shoppingcentern und Walmarts. Die Konsumtempel beherrschen geradezu das Stadtbild. Im Kontakt zu den Salvadorianern verspüren wir ein merkwürdiges Verhältnis zu den USA. Der Bürgerkrieg und die Suche nach Arbeit hat viele Salvadorianer ins Ausland getrieben. Ein beträchtlich grosser Teil der Bevölkerung, mehr als eine Million, ist in die USA emigriert. Deren Rücküberweisungen an Verwandte und Bekannte sind für El Salvador zentrale Devisenbringer. So sind die USA auch für viele Daheimgebliebene eine gewünschte Destination. Der amerikanische Traum und Lebensstil imponiert und Uncle Sam scheint das grosse Idol zu sein. Wiederum haben wir noch in keinem anderen Land so oft das Wort Gringo, als abneigende Bezeichnung für US-Amerikaner, gehört.

Doch wir lernen die Guanacos, so der Spitzname der El Salvadorianer, auch als sehr gastfreundliche und offenherzige Menschen kennen, die uns Touristen stolz ihr Land zeigen wollen. Wir sind zu Besuch bei Martín, den wir in Panama kennengelernt haben. Martín und seine Familie wohnen, wie die meisten Stadtbewohner der Mittel- und Oberschicht, in einer überwachten Siedlung. Der Bürgerkrieg hat seine Spuren hinterlassen. Man schirmt sich vor der Kriminalität draussen vor der Tür ab, mit hohen Mauern, Gittern vor den Fenstern und einem von einem Wachmann rund um die Uhr bewachten Tor. Hier steht dann auch unser Rudolph an einem sicheren Fleck und wir dürfen in Ruhe die Gastfreundschaft von Martín, seiner Cousine und Nichten geniessen. Im Baum hinter dem Haus pflücken wir leckere Avocados. In San Salvador ist es ganzjährig sommerlich bei maximal 30 und minimal 16 Grad.

Es gibt ganz viel leckeres Essen! Da auch Martín demnächst wieder ins Ausland zum arbeiten verreist und daher gerade seine Wohnung am räumen ist, gehen wir auswärts essen. Unser Tag beginnt mit einer Portion Eiern, gebratenen Kochbananen, Bohnen und Bohnenpaste, Tortillas und schwarzem Kaffee. Eine typische Vorspeise sind Pastelitos de Papa, frittierter Kartoffelstock. Famose Hauptspeise sind natürlich die Pupusas. Wir lernen, dass man die Pupusas nicht etwa mit der Gabel, sondern von Hand isst. Was ein ziemliches Geschmier gibt, sicher aber halt so gehört. Zum Nachtisch gibt’s Buñuelos, frittierte Maniok-Kugeln mit Ahornsirup und noch ganz viel anderes Süssgebäck. Ha ha… damit noch nicht genug, denn dazu trinkt man gerne Horchata, ein Reismilch-Kakao-Saft mit Zimt. Die salvadorianische Küche ist eine Kalorienbombe, deftig, aber fein!

Heute morgen früh bebt es. Wir erleben unser erstes, grösseres Erdbeben. Nicht dramatisch, das Epizentrum liegt weit weg vor der Küste Guatemalas. San Salvador wurde aber in der Vergangenheit immer wieder von schwereren Erdbeben, Vulkanausbrüche und Überschwemmung zerstört. Dennoch gibt es noch das eine oder andere historische Gebäude. Wir besuchen die Kathedrale Metropolitana, wo der Erzbischof Romero begraben ist. Gleich um die Ecke gibt es im kunstvoll verzierten Nationalpalast über 100 Räume, jeder mit einem anderen Fussboden-Muster aus italienischem Marmor. Dann sehen wir uns noch die Kirche El Rosario an, deren Decke aus einem gläserner Bogen gewölbt ist und in allen Farben des Regenbogens glitzert.

Im anthropologischen Museum tauchen wir in die Geschichte der Landesbevölkerung ein. Wir bewundern gut erhaltene, präkolumbische Kunstgegenstände. Die einstige Bevölkerung El Salvadors stammte vom Volk der Pipil ab, das toltekische und aztekische Wurzeln hat. Auch die Maya-Kultur reichte bis nach El Salvador. Die indigene Bevölkerung wurde aber durch die eigene Regierung brutal verfolgt und deren Kulturen damit tragischerweise praktisch ausgetrottet. Die El Salvadorianer von heute sind auffällig hellhäutig. Rund 90 Prozent sind Mestizen, das heisst Mischlinge spanischer und indigener Herkunft, zirka neun Prozent sind europäischer Abstammung und gerademal noch ein Prozent sind indigen. So sprechen nur noch ganz wenige Nahuatl und tragen traditionelle Kleidung.

Nach ein paar wunderbaren Tagen verabschieden wir uns von Martín und seiner Familie. Wir danken ihnen von Herzen für ihre grossartige Gastfreundschaft! Leider müssen wir bald erfahren, dass Martíns Cousine Rosa Delia nur wenige Tage nach unserer Abreise verstorben ist. Die Nachricht macht uns tief traurig und betroffen. Sie zeigt uns aber auch, wie wertvoll das Leben, ja einfach jeder Moment doch ist.

Wir fahren die beliebte Ruta de las Flores. Die 30 Kilometer lange, kurvenreiche Strecke mag uns aber irgendwie nicht sonderlich beeindrucken. Das liegt wohl daran, dass wir nicht zur Blütezeit unterwegs sind. Doch auf der Blumen-Route gibt es ein paar schöne Dörfer. Wir besuchen das gesellige Juayúa, wo wir auf dem privaten Parkplatz eines Hotels stehen dürfen. „Chuay-uh-ah“ ist bekannt für seine wöchentlich stattfindende, gastronomische Messe. Ja, ja, schon wieder dreht es sich ums Essen. Schiesslich ist ja auch schon wieder Sonntagnachmittag 😉

Die neue Woche starten wir in einer Badi am See Coatepeque, wo wir ein paar ruhige Stunden geniessen.

Da wir die gleiche Strecke nicht doppelt fahren wollen und unser Navi eine Strasse rund um den See kennt, fahren wir auf der anderen Seeseite weiter. Verflixt… irgendwie haben wir’s nicht so mit den salvadorianischen Strassen. Die Strasse wird zum Strässchen und mündet schliesslich in einen schmalen Wanderpfad. Hier können wir diesmal definitiv nicht wenden. Es bleibt nur der Rückwärtsgang. Als wir durch die Gebüsche über den steinigen Weg fahren, kommt in uns beiden ein Gedanke auf. Hoffentlich taucht hier niemand auf, der uns in dieser Sackgasse überfallen will und hoffentlich halten die Reifen den spitzen Steinen stand. Wir schaffen’s, auch wenn Rudolph danach wie ein Christbaum mit Zweigen und Blättern beschmückt ist.

Auf dem Weg zum Nationalpark Cerro Verde entdecken wir eine kleine Boa constrictor, die gerade inmitten der Hauptstrasse ein Eichhörnchen verspeist.

Zwischen dem Cerro Verde und den beiden Vulkanen Izalco und Santa Ana finden wir auf einer Bergwiese einen traumhaften Campingplatz. Abends sitzen wir gemütlich am Feuer, zusammen mit Raul, der aus Mexiko-City kommt und mit dem Fahrrad nach Ushuaia unterwegs ist.

Nach dem vielen Essen wird’s höchste Zeit für etwas Bewegung. In El Salvador kann man aber nicht einfach herum spazieren, wie man so will. Viele Wanderungen sind aus Sicherheitsgründen nur unter Polizei-Schutz erlaubt, so auch die Besteigung des Vulkans Santa Ana. Einmal täglich, um 11 Uhr, geht die geführte Tour los. Zwei Guides und ein Polizist eskortieren den Wandertrupp. Auf die Plätze, fertig, los… die Guides gehen rasch voraus. Man könnte meinen, wir würden an einem Marathonlauf teilnehmen. Der angenehme Nebeneffekt ist, dass sich die Menschenmenge durch das Tempo stark verteilt und so Ruhe auf den Wanderwegen einkehrt.

Der Aufstieg ist nicht so streng, als wir das erwartet hätten. Auf dem Gipfel werden wir mit einem grandiosen Blick auf eine tief im Krater liegende Lagune belohnt. Das türkise Wasser leuchtet, wenn die Sonne hineinstrahlt. Der Santa Ana ist aktiv, letztmals ist er im Oktober 2005 ausgebrochen. Unterhalb des Sees befindet sich die Lava. Dämpfe steigen hoch und es blubbert.

Zurück auf dem Campingplatz entdecken wir, dass wir auf unserer Sackgasse-Abenteuer-Fahrt wirklich nicht weit von einer Reifenpanne weg waren. Richtig Latino-mässig löst Thomas barfuss und mit dem Werkzeug, das wir halt so haben, den Reifen von der Felge 😉

In der Stadt Santa Ana fahren wir zu einem Reifenhändler. Nach 30‘000 Kilometer permanenter Überbelastung sind die BF-Goodrich, welche wir in Chile gekauft haben, am Ende angekommen. Bevor sie uns um die Ohren fliegen, wechseln wir sie mal lieber. Die beiden Ersatzreifen kommen vorne hin und hinten gibt es zwei neue Goodyear-Reifen. Das sieht dann nicht mehr ganz so hübsch aus, aber wenn stört das schon?

In Suchitoto gibt’s zum Abschied nochmals eine leckere Portion Pupusas. Dann fahren wir zurück an die Grenze, auf nach Honduras!

 

Bunte Fassaden, leuchtende Lava und nationalen Rum – Nicaragua

Eile mit Weile. Alles, was man für einen Grenzübergang braucht, ist etwas Geduld. Nimmt man es mit Humor, dann ist auch meist für Unterhaltung gesorgt. Das Ziel des Spiels ist es, die richtigen Stellen idealerweise in der richtigen Reihenfolge zu finden. Heute an der Grenze von Costa Rica nach Nicaragua gar nicht so eine leichte Aufgabe. Extra schwierig, um sie zu finden oder weil es da so schön ist (?), befinden sich drei Zollbeamte fern von den eigentlichen Schaltern und Gebäuden in der Ecke eines grossen Parkplatzes. Mächtig wichtig und stolz sitzen sie da, in Uniformen mit umgeschnallter Pistole und umgehängtem Gewehr. Schmunzeln lässt uns, dass sie nicht ganz so eindrucksvoll auf Plastikstühlen zwischen ein paar Imbissständen sitzen. Als wären sie auf einer Grillparty, das Handy in der Hand und das Stempelkissen nebenan auf dem dreckigen Fussboden. Doch sie sind ganz nett. So verläuft auch heute alles unkompliziert und wir schaffen den Postenlauf zusammen mit Anja und Tobi – also vier Personen und zwei ausländische Fahrzeuge – in weniger als zwei Stunden.
Ab dem ersten Moment fühlen wir uns wohl und willkommen. In einem Land, wo die meisten Menschen materiell nicht viel besitzen, aber irgendwie umso reicher an Freundlich- und Offenherzigkeit sind. Etwas, was uns immer wieder imponiert. Nachdem Panama und Costa Rica ziemlich teuer waren, ist das Reiseleben hier zudem wieder günstiger. So erstrahlt auch Rudolph, nach der Autowäsche für nicht einmal zwei Franken.

Am Hafen in San Jorge lernen wir Nadine und Sergio kennen. Die zwei sympathischen Schweizer sind mit ihrem Landrover unterwegs. Nur leider in der Gegenrichtung, also von Nord- nach Südamerika. Auf der Auto-Fähre zur Insel Ometepe gibt es schon wieder etwas zum schmunzeln. Diesmal ist es das Anlegemanöver, bei dem ein Matrose über Bord springen muss, um den Anker zu legen 😉

Die als mystisch geltende Insel Ometepe wird von den zwei perfekt geformten Vulkankegeln Concepción und Maderas dominiert. Dazwischen soll es am Playa Santa Cruz Wind geben. Zusammen mit Anja und Tobi stellen wir uns oberhalb des Strandes an den Strassenrand und geniessen gemütliche Tage.

Nachts zieht der Wind tatsächlich auf und so springen wir frühmorgens aus den Federn und gleich aufs Brett. In der Nebensaison bläst der Wind zwar nicht so stark und um neun Uhr ist dann auch meist Schluss, dafür haben wir die Bucht fast für uns alleine. Es ist ein toller Spot. Sand, Wellen und Wasser bis zum Horizont. Der riesige Nicaragua-See verleiht uns das Gefühl, am Meer zu sein. Nur ist es klares Süss- statt Salzwasser. Ein paar wenige Bullenhaie soll es noch immer geben… doch der letzte Angriff ist schon Jahre her.

Auch die zwei aufgestellten Argentinier Sabrina und Manuel sind mit ihrem VW-Bulli auf Ometepe. Zu Sechst wandern wir durch den tropischen Dschungel, zum Wasserfall San Ramón am Südhang des Vulkans Madera.

Zurück an Festland besuchen wir die Kolonialstadt Granada. In den 1520er Jahren besiedelten die Spanier das heutige Nicaragua. Die Eroberungsgeschichte ist grausam. Fast die gesamte Urbevölkerung wurde umgebracht, versklavt oder in die Silberminen Boliviens und Perus deportiert. Heute ist alles anders. Das farbenfrohe Städtchen lockt mit schön restaurierten Gebäuden, gemütlichen Restaurants und Bars Massen von Touristen an. Von unserem Stellplatz beim Roten Kreuz gehen auch wir auf Sightseeing-Tour.

Die Sonne scheint und es ist heiss. Dem Schatten nach schlendern wir durch die Kopfsteinpflaster-Gassen. Zwischen den bunten Fassaden gehören bis heute Pferde- und Ochsengespanne zum nicaraguanischen Alltag. Weiter gehts ins chaotische Gewühl von Strassenhändlern, Imbissbuden und Verkäufsständen. Ach und ja, typisch Touri-Ort werden Happy Hour Cocktails und Massagen angeboten. Wir Frauen gönnen uns ausnahmsweise gleich beides. Die Massage ist schliesslich für einen guten Zweck, denn bei der gemeinnützige Organisation Seeing Hands massieren sehbehinderte Menschen.

Nebst Kaffee gedeiht im Hochland Nicaraguas viel Tabak. In Granada besuchen wir die nach dem Stadt-Vulkan benannte Traditions-Fabrik Mombacho Cigars.

Unweit von Granada liegt in einem tiefen Vulkankrater die Lagune Apoyo. Frisch gebadet fahren wir weiter, auf zum nächsten Vulkan.

Der aufsteigende Rauch des Vulkans Masaya ist schon aus der Ferne erkennbar. Ein erstes Kribbeln kommt auf, während wir uns in die Warteschlange stellen. Auch in Zentralamerika wird es früh dunkel. Um halb Sechs, kurz vor Eindunkeln, öffnet sich die Schranke.

Einst glaubten die Menschen, die Erzürnung des Feuerbergs mit menschlichen Opfergaben besänftigen zu müssen. Später hielten die Spanier die Lava für geschmolzenes Gold und sprachen vom Tor zur Hölle. Bis heute zirkulieren viele Mythen um den Masaya. Er ist einer der aktivsten Vulkane der Erde. Ein Dampfkochtopf unter Hochdruck, der anscheinend ein Ventil besitzt, sodass er zwar stetig dampft, grosse Explosionen aber schon länger ausblieben. Kann man sich in Europa vorstellen, mit dem Auto an den Rand eines so aktiven Kraters hoch zu fahren? Eher unwahrscheinlich… die laissez-faire Regierung Nicaraguas macht es möglich, wobei der Aufenthalt wegen der schwefelhaltigen Gase auf eine Viertelstunde begrenzt ist. Wir fahren mit der ersten Gruppe zum Gipfel hoch und nehmen noch ein argentinisches Backpacker-Paar mit. Fasziniert bestaunen wir die riesige, empor steigende Rauchwolke und weit unten einen schmalen Streifen leuchtende Lava.

Während die Trillerpfeife ertönt, die uns signalisieren soll, dass unsere Zeit schon um ist, spricht die Argentinierin Laura mit einem Parkwächter. Sie fragt ihn gerade, ob es vielleicht eine Möglichkeit gäbe, noch etwas mehr von der leuchtenden Lava sehen zu können. Nein, denn dafür ist eine Spezialbewilligung aus der Hauptstadt nötig. Laura bleibt hartnäckig. In Lateinamerika ist vieles Verhandlungssache. Schliesslich gibt es eine Option. Unter Bezahlung eines Aufpreises wird der Wächter zum Guide, der uns, Anja und Tobi und die zwei Argentinier hinter einen Hügel bringt. Da stehen wir dann. Ehrfürchtig, mit klopfendem Herzen am steilen Abgrund. Beim Anblick der fliessenden Lava bleibt uns der Atem stehen. Das Grollen aus der Tiefe ist hörbar, ja spürbar. Ein Sicherheitsgeländer gibt es am Hintereingang natürlich nicht… Meine Knie zittern, das Adrenalin steigt… Als wir zurück zu unseren Fahrzeugen marschieren, ist aus dem Funkgerät unseres Guides die Diskussion um einen roten Bus, der schon etwas länger am Kraterrand steht, hörbar. Doch als wir nach gut einer Stunde unten am Parkausgang ankommen, scheint die kleine Verspätung niemanden zu interessieren. Wir dürfen sogar noch umsonst über Nacht stehen bleiben.

Anderntags ist es dann soweit. Lange hats gedauert, doch nun haben wir ihn – unseren ersten Reifenplatten! Auf den nächsten Kilometern darf zur Abwechslung das verrostete Ersatzrad mitrollen.

Zusammen mit Anja und Tobi wollen wir mal wieder eine Route etwas abseits der Touri-Pfade fahren. Über Landstrassen tuckern wir zum wenig besuchten Naturreservat Peñas Blancas, wo wir bei der Agrofarm von Don Chico ein tolles Plätzchen finden.

Gallo pinto (wörtlich gefleckter Hahn) heisst die beliebteste Mahlzeit Nicaraguas, ja vermutlich ganz Zentralamerikas. Sie besteht aus Reis und Bohnen. Dazu werden Eier, Hühnchen, salziger Frisch-Käse, frittierte Bananen oder Avocado aufgetischt. Damit man ja satt wird, gibt es zu jeder Mahlzeit kleine, runde Mais-Tortillas. Gekocht wird über dem Feuer, denn Holz ist günstiger als Gas. Dazu schlürfen wir heissen Kaffee, der gleich hinter dem Haus wächst. Nach dem Frühstück wandern wir pappsatt los. Don Chico führt uns während vier Stunden auf die hohen Berge hinter seinem Hof und erklärt uns die heimische Pflanzen- und Tierwelt. Mit seinen 78 Jahren erweist er sich als rüstiger Kerl, der eine Liane frech grinsend, wie ein junger Bursche ruck zuck hochklettert.

Reifenflickgeschäfte gibts in ganz Lateinamerika wie Sand am Meer. Die Vulkanisation kostet uns nicht mal einen Fünfliber und vor allem die Kinder erfreuen sich über zwei spannende Autos im Dorf.

Das ländliche Nicaragua ist wenig besiedelt. Die Arbeitssuche hat die Menschen in die Städte und ins Ausland gezogen. Seit Panama fällt uns zudem der grosse US-amerikanische Einfluss auf, der hier im Vergleich zu Südamerika noch viel offensichtlicher ist. Zentralamerika wird gemeinhin als politischer Hinterhof der Vereinigten Staaten bezeichnet. Einer politischen Stabilität und einem wirtschaftlichen Fortschritt nützlich sind die Interventionen leider oft nicht. So bekommt aktuell nicht nur Mexiko mit dem geplanten Mauerbau den neuen Wind aus dem Norden zu spüren. Trump sorgt auch in Nicaragua für Besorgnis. Nicht unbegründet, wie ein Blick ins Geschichtsbuch verrät. Einst hilft der Diktator Somoza den USA bei deren Interventionen in Guatemala und Kuba. Dafür unterstützt die US-Regierung die nicaraguanischen Gewaltdynastie der Familie Somoza, die das Land jahrzehntelang uneingeschränkt beherrscht. Als 1979 die sandinistische, nationale Befreiungsfront (FSLN) den Revolutionskrieg gewinnt und an die Macht kommt, versuchen die USA, unter Präsident Jimmy Carter, ihren Einfluss zu retten, indem sie der neuen Regierung 75 Millionen US-Dollar Soforthilfe zur Verfügung stellen. Mit Ronald Reagan wird 1981 alles anders. Nun versuchen die USA, die als kommunistisch bezeichnete Regierung Nicaraguas zu stürzen. Die Hilfsgelder werden eingefroren, stattdessen werden konterrevolutionäre Milizen, sogenannte Contras, unterstützt und noch dazu ein Handelsembargo verhängt. Mit der Finanzspritze aus den USA wächst die Zahl der Paramilitärs und damit terroristische Aktionen, die Nicaragua erheblich schaden und destabilisieren. Als der US-Kongress weitere Militärhilfe streicht, werden die Contras heimlich über einen Plan, bei dem die CIA illegale Waffen an den Iran liefert und die Gelder daraus an die Contras umleitet, weiterfinanziert. Die Iran-Contra-Affäre wird zum politischen Skandal, wofür die USA vom internationalen Gerichtshof zu einer Zahlung von 2,4 Milliarden US-Dollar verurteilt werden. Eine Zahlung blieb bis heute aus. Auch innerpolitisch kommt es in Nicaragua zu vielen Machtwechseln und immer wieder korrupter Bereicherung zulasten der in Armut lebenden Bevölkerung. Momentan ist in Nicaragua Ruhe eingekehrt. Seit 2007 ist Daniel Ortega, ehemaliger Guerilla und Präsident der Sandinisten Staatsoberhaupt. Seine Langzeit-Präsidentschaft wird zwar mittlerweile stark kritisiert, doch seine Sozialprogramme gegen Hunger, zur Schaffung neuen Wohnraums sowie eines kostenlosen Gesundheit- und Bildungssystems tragen Früchte und die Wirtschaft gilt als solide. Noch ist Nicaragua eines der ärmsten Länder Lateinamerikas, doch langsam scheint sich die Nation und die Infrastruktur zu erholen.

Einfach nach Somoto fahren und nach Eduardo fragen – so der Tipp von meiner Freundin Miry, die zusammen mit Guido im VW-Bus vor vier Jahren hier war. Also fahren wir nach Somoto. Der kleine Ort hat ja nur etwa 35‘000 Einwohner. Wie sollen wir hier Eduardo finden? Wir probierens beim Hauptplatz, wo Anja und ich uns durchfragen. Die Bewohner sind alle sehr hilfsbereit, doch einen Eduardo scheint hier niemand zu kennen. Wir beschliessen, unser Glück ausserhalb des Ortes in der Nähe des Canyons zu versuchen. Der Canyon von Somoto ist schliesslich auch die Hauptattraktion und der Grund, warum wir hier sind. Doch auch beim Parkeingang kennt niemand Eduardo. Enttäuscht geben wir auf. In der Overlander-App lesen wir von einem Stellplatz bei einer netten Bauernfamilie, wo wir wenig später herzlich empfangen werden. Wir erzählen von unserer gescheiterten Suche. Eine Frau schmunzelt, verschwindet im Haus und kommt bald darauf zurück. Mit einem Foto von Miry und Guido! Eduardo, der genau genommen Bayardo heisst, ist gerade nicht zu Hause. Doch wir haben ihn tatsächlich gefunden, was für ein Glück!

Die Familie von Bayardo lebt einfach und bescheiden. Wie viele Nicaraguaner leben sie in der Grossfamilie als Kleinbauern und ernähren sich weitgehend selbstversorgend. Die Touren durch den Canyon verschaffen der Familie ein Zusatzeinkommen, doch reich werden sie damit nicht. Die Familie strahlt eine Einfach- und Zufriedenheit aus, die uns beeindruckt. Sie zeigen uns, dass diejenige, welche nicht viel haben, oft die grosszügigsten und gastfreundlichsten Menschen sind. Wie schon auf dem Hof von Don Chico erwachen wir mit einem klatschenden Geräusch. Jeden Morgen backen die Frauen frische Mais-Tortillas. Die Grossmutter zeigt uns, wie das geht. So können auch wir, einen Aufenthalt bei Bayardo jedem Reisenden aller wärmstens empfehlen!

Bayardo, sein Neffe Fausto Ramon und drei Frauen der Familie sind Mitglieder der Guide-Kooperative am Canyon. Die Tour durch Schlucht ist toll und macht grossen Spass. Wir klettern über Felsen, stapfen durchs Wasser und lassen uns den Rio Coco hinunter treiben. Vor allem der Sprung von einem fünf Meter hohen Felsen sorgt für den Kick. Ja und auch wenn es vielleicht nicht ganz so hoch war – wie unsere Männer meinen – so lass uns doch stolz darauf sein!

Da wir nun doch schon eine Weile unterwegs sind, wäre eine Zahnreinigung mal wieder an der Zeit. Wie gut also, dass Anja Zahnärztin ist. So kommen wir in den Genuss einer kostenlosen Dentalhygiene Behandlung – noch dazu bequem auf dem Bett im Bus. Welch Luxus, Danke vielmals Anja!

Nach fünf gemeinsamen Wochen Kiten in Peru sind wir nun nochmals fast einen Monat zusammen gereist. Heute trennen sich unsere Wege leider. Hasta luego liebe Anja und Tobi, auf ein Wiedersehen Daheim – oder vielleicht doch nochmals in Mexiko? Jedenfalls, danke, danke, danke für die tolle Reisezeit mit euch!

001 Abschied Anja & Tobi

Während unsere Freunde nach Honduras weiterreisen, wollen wir noch ein paar Tage länger in Nicaragua bleiben. Wir fahren nochmals ins Landesinnere. In einem kleinen Naturreservat in der Nähe der Stadt Estelí schauen wir uns die Steinskulpturen des Künstlers Don Alberto an.

Wir übernachten im niedlichen Bergdorf La Garnacha, geniessen die Sonne und eine erfrischend, idyllische Wanderung.

Die Stiefschwester von Granada heisst León. Während Granada als konservativ gilt, ist León die Heimat der Revolutionäre. Hier wird Politik gemacht und hier keimen Aufstände und Ideen. Um die Rivalität der beiden Kolonialstädte zu dämpfen, wurde 1852 Managua zur Hauptstadt erklärt. Für uns Touristen ist León vielleicht etwas rauer, nicht gleich schön restauriert und aufgeräumt, aber deswegen nicht weniger interessant. Hier finden wir bei einem Motorbikeshop einen sicheren Stellplatz.

Unweit von León führt ein junges, italienisches Paar an der Pazifikküste das Hostel Caracolito. Overlander dürfen auf der Wiese im Hinterhof stehen. Wir bleiben ein paar gemütliche Tage, nutzen eine gute Internetverbindung und der Austausch mit Backpackern.

Zum Schluss gibts noch ein Gläschen Rum. Seit 1890 gibt es Flor de Caña, die bis heute einzige Rum-Destillerie Nicaraguas. In Chichigalpa machen wir eine Tour durch die Fabrik.

Bevor wir nach Honduras und El Salvador weiterfahren, lassen wir uns bei Carla, die eine Lkw-Raststätte in Chinandega führt, mit einem leckeren Nachtessen verköstigen.

Nicaragua hat uns mit seinem Facettenreichtum und seinen freundlichen Gesichtern begeistert. Hierher kommen wir gerne irgendwann wieder!

Im Reich der Faultiere und bunten Frösche – Pura Vida in Cost Rica

Es ist Freitag. Am kleinen Grenzposten an der Karibikküste herrscht am frühen Morgen noch wenig Betrieb. Was in Südamerika noch gratis war, kostet uns ab jetzt etwas. Von Panama bis Mexiko werden bei Grenzübertritten Ein- oder Ausreisegebühren verlangt. Zudem sind Kopien von Dokumenten und Stempel nötig. Das Prozedere mit den Formalitäten bleibt aber beim Gleichen und auch heute verläuft alles problemlos. Nach knapp zwei Stunden sind wir zusammen mit unseren Reisefreunden Anja und Tobi offiziell in Costa Rica eingereist.

Wie schon in Panama liegt auch hier ein süsser Duft nach Bananen in der Luft. Die Strasse ist gesäumt von riesigen Plantagen. Dazwischen stehen Holzhäuschen auf Stelzen. Der einst so dichte Regenwald ist gerodet. Heute betreiben hier Welt-Riesenkonzerne Monokultur im grossen Stil – ohne Geiz beim Einsatz von Pflanzenschutzmittel. Wollten wir eigentlich noch ein paar der gelben Früchte am Strassenrand kaufen, so ist uns heute der Appetit doch etwas vergangen.

Von den Chiquita Bananen gehts zum Playa Chiquita. An der afrokaribischen Küste herrscht eine ausgesprochen lockere Chillout-Stimmung. Aus den Musikboxen erklingt für einmal kein Reggaeton sondern friedlicher Reggae.

Wir geniessen das Paradies, wobei wir versuchen, uns dabei nicht zu sehr an den juckenden Moskitostichen zu stören. Gerade sitzen wir beim Apéro, da schneidet Tobi leider nicht nur das Fleisch fürs Nachtessen. Der Schnitt im Finger ist tief und muss genäht werden. Wie gut, dass unsere Freunde für solche Fälle ausgerüstet sind. So wird der Dampfkochtopf zum Sterilisator und der Camper zum Operationssaal.

La Pura Vida – das heisst pures, reines Leben! Die Zauberwörter braucht man in Costa Rica überall, egal ob zur Begrüssung, Verabschiedung oder als Dankeschön. Eine Spruch quasi für alle Gelegenheiten. Pura Vida symbolisiert ein glücklich, erfülltes Leben und bedeutet vor allem den Moment zu geniessen. Für die Ticos, wie die Costa-Ricaner genannt werden, ist Pura Vida ihre Art zu leben, ausgiebig, unkompliziert und humorvoll.

Die Ticos sind zu Recht stolz auf ihr Land. So steht Pura Vida auch für eine bezaubernde Natur und Artenvielfalt. Costa Rica ist klein aber fein. Zwischen Karibik und Pazifik gibts Bergnebelwälder, Seen, Vulkane, exotische Tiere vor allem ganz viele Nationalparks. Ein stolzer Drittel des Landes steht unter Naturschutz. Dazu kommt der Frieden. Es macht uns Eindruck, dass Costa Rica innerhalb einer von Krieg und Gewalt geprägten Region seit mehr als 60 Jahren ein Land ohne Militär ist. Als Oase in Zentralamerika ist Costa Rica für viele Europäer, US-Amerikaner und Kanadier ein attraktives Reise- und Auswandererland. Die ausländischen Investoren machten Costa Rica reich, doch mit dem Tourismus stiegen auch die Preise auf Schweizer Niveau an. Der Budgetpunkt ist dann auch das, was uns zu einer etwas geradelinigeren Reiseroute führt. Noch an der Karibik besuchen wird den Nationalpark Cahuita. Ein Spazierpfad führt uns entlang der Halbinsel durch den Wald. Für Unterhaltung sorgen dabei ein paar Mantelbrüllaffen und Weisschulterkapuziner, drollige Waschbären und putzige Eichhörnchen. Nur das Faultier verschläft unsere Anwesenheit.

Landschaftlich ist Costa Rica vor allem eines: leuchtend grün! Die Regenzeit lässt die Pflanzenwelt besonders prachtvoll gedeihen. In der Feuchtigkeit fühlen sich auch die Frösche im Garten von José im siebten Himmel. Der Frogs Heaven wurde uns von Reisefreunden empfohlen und ist ein echtes Highlight. José heisst uns – natürlich mit den Worten Pura Vida – herzlichst willkommen.

Wir lernen Aranka und Sam kennen, die in Costa Rica mit einem Mietwagen Ferien machen. Wir verstehen uns super und das gleich mehrsprachig, denn die beiden Holländer leben in Österreich. Zu Viert tauchen wir ins tropische Paradies der putzigen Fröschli’s ein.

Ein besonderes Spektakel ist die Verwandlung des Rotaugenlaubfrosches. Tagsüber schläft er mit zusammengezogenen Extremitäten, sodass kein bisschen Farbe zu erkennen ist. Auf einem grünen Blatt ist er damit praktisch nicht zu entdecken. Wenn er aber erwacht, passiert es! Seine leuchtend roten Glubschaugen, die blauen Beinchen und orangen Füsschen kommen zum Vorschein. Was für ein Naturwunder!

Nebst den Fröschli’s erspähen wir einen eleganten Leguan, weit oben in der Baumkrone ein Faultier mit seinem Jungen und eine kleine, aber extrem giftige Schlange, der wir besser kein zweites Mal begegnen.

Nicht nur Bananen, sondern auch ganz viel Ananas wächst hier. Bei der Fahrt durchs Zentralland kommen wir an so einigen Plantagen vorbei.

Auch Pflanzen, die wir uns in Europa ins Wohnzimmer stellen, werden hier gezüchtet.

Unser nächstes Ziel ist der Vulkan Irazú, wo wir morgen eine Verabredung haben. Auf knapp 3000 Meter schlafen wir gleich unterhalb der Donnerspitze, wie der Vulkan von den Einheimischen genannt wird. Wir geniessen es, die Heizung auf 17 Grad zu stellen, uns unter die Bettdecke zu kuscheln und einen heissen Tee zu schlürfen – welch ein Gegensatz zum Klima der letzten Tage! Das Erwachen am anderen Morgen erinnert uns an die Zeit im südamerikanischen Hochland. Irgendwie duftet der Kaffee in der kühlen Luft anders.

Mit Rudolph fahren wir noch die letzten 400 Meter zum Vulkangipfel hoch. Hier treffen wir Antje und Ueli. Die beiden Schweizer sind in Costa Rica in den Ferien. Sie haben Geschenke von meinem Bruder und seiner Freundin mit im Gepäck. Nebst feinen Schweizer Leckereien und elektronischen Teilen erfreuen wir uns besonders über eine neue SIM-Karte für Thomas, die mit dem Klau seines Natels in Kolumbien verloren ging. An dieser Stelle ganz herzlichen Dank an Marco und Tabea und natürlich auch an Antje und Ueli!

Der Vulkan indessen entspricht nicht mehr ganz dem Postkartenmotiv auf dem Prospekt, den wir zum eher teuren Eintrittsticket bekommen. Der einst so schön leuchtend grüne Kratersee ist vor ein paar Jahren ausgetrocknet und so bleibt uns ein Blick in eine wenig spektakuläre Grube.

Costa Rica ist eines der wenigen Länder Zentralamerikas, in dem man keine grossen Spanisch-Kenntnisse braucht. Mit Englisch reist es sich ganz gut und auch haben wir noch nie so viel Deutsch oder Schweizerdeutsch gesprochen. Heute besuchen wir Fränzi, die mit ihrem Mann im Orosi-Tal lebt. In ihrer Schweizer Bäckerei gibt es Vollkorn-Knusperbrötchen und Zimtschnecken. Gestärkt fahren wir einmal quer durch den Grossstadtverkehr von San José und dann weiter zum Vulkan Arenal. Dort erwartet uns ein Bad in den naturbelassenen, heissen Quellen. Nicht bloss ein Becken, sondern das ganze Flusswasser ist wunderbar warm. Ein tolles Highlight, kostenlos dazu!

Die letzten Tage hatten wir eine getrennte Reiseroute, doch am Lago Arenal treffen wir wieder auf Anja und Tobi. Wir übernachten nebst einer verlassenen Windsurfschule. Ein paar Affen klettern in den Baumkronen über Rudolphs Dach und im Laub bahnt sich eine Schlange ihren Weg.

Die Westseite des Arenal Stausees gilt als Starkwind-Revier, wobei die Winde nur in der Trockenzeit bis Ende April beständig sind. Wir hoffen dennoch auf eine Brise. Für heute steht uns aber erstmals ein grosses Gewitter mit unzählig vielen Blitzen vor der Tür.

Bei der Tankstelle im kleinen Dorf Nuevo Arenal sprechen uns Heidy und Wolf auf Schweizerdeutsch an. Die beiden Auswanderer sind uns sofort sympathisch und so verbringen wir einen gemütlichen Grillabend zusammen am See.

Anderntags weht leider immer noch kein Wind am Lago.

Dafür dürfen wir die grossartige Gastfreundschaft von Heidy und Wolf geniessen. In bester Gesellschaft werden wir mit selbstgemachtem Brot, stichfestem (!) Natur-Yoghurt, einem super leckeren Fondue und noch einem Kaffee Luz dazu verköstigt. Vielen Dank für dieses grosse Stück Heimat!

Da die Aussichten auf Wind nicht besser werden, wollen wir unser Kite-Glück an der Pazifikküste versuchen. Im äussersten Nordwesten Costa Ricas befindet sich ein Spot an der Bahía Salinas. Unterwegs sorgt ein Wasserfall für Abkühlung.

An der Kite-Bucht selbst kann man nicht stehen, aber ein paar Kilometer weiter finden wir einen schönen, freien Stellplatz – typisch costa-ricanisch natürlich nicht ohne Tiere.

Und dann klappt es tatsächlich mit dem Wind – yeapiii!

Zum Abschluss stehen wir nochmals – wie könnte es auch anders sein – bei Schweizern. Agi und Guido sind vor 20 Jahren ausgewandert. Auf ihrer Finca Cabañas Cañas Castilla haben sie sich und ihren Gästen ein wahres Paradies erschaffen. Es gibt schöne Wanderwege, im Fluss ein Krokodil, ein Faultier zwischen den Ästen und ganz viele Klammeräffchen.

Dann heisst es schon Tschüss zu sagen. Costa Rica hat uns tierisch fasziniert!

Zusammen mit Anja und Tobi reisen wir weiter – in ein Land, auf das wir uns schon lange freuen – Nicaragua!

Ein neues Abenteuer beginnt – Oh, wie schön ist… Panamá!

Während Rudolph auf dem Frachter antuckert, landen wir am 24. April 2017 in Panama City. Vor einem Jahr standen wir am Anfang der Carretera Austral in Chile. Wir erinnern uns an bitterkalte Nächte und an die Wärme eines Lagerfeuers. Auch in Panama ist es gerade „Winter“, was in Zentralamerika aber bedeutet, dass es Regenzeit ist. Zur ewigen Hitze gesellt sich die Feuchtigkeit und das fühlt sich dann so an, als würden wir ab jetzt in der Masoala-Halle des Züri Zoos leben 😉

Der politisch mächtige Einfluss der USA hat das kleine Land an der schmalen Meerenge zwischen Pazifik und Atlantik spürbar geprägt. In ganz Südamerika wurden wir nicht so oft auf Englisch angesprochen wie hier. Die Skyline der Hauptstadt besteht aus hohen Wolkenkratzern. An jeder Ecke sind Shoppingmalls mit riesigen Parkplätzen, Fastfoodketten und westlichen Markenprodukten zu finden und im Supermarkt gibts Peanut Butter, Donuts und Snickers zu günstigen Preisen. Wir geniessen inmitten dieser modernen Metropole die Vorzüge eines gemütlichen, klimatisierten Hotelzimmers. Wir sind aufgeregt. Das neue Reiseabenteuer Zentralamerika beginnt!

Nach dem Frühstück organisieren wir eine panamaische Autoversicherung und dann gehts mit dem Taxi einmal quer durch die City zum Büro der Reederei Höegh Autoliners. Wir hoffen noch heute das Bill of Lading zu bekommen – das wichtigste Papier, um Rudolph aus dem Hafen auszulösen. Doch leider ist dies nicht der Fall. Es liegt an der Zahlung. Unser Geld ist noch nicht eingetroffen. Ja natürlich nicht, haben wir die Rechnung erst gestern erhalten und hat man uns in Cartagena versichert, wir könnten nicht bar bezahlen. Da wir nicht warten wollen, bis unsere Überweisung eintrifft, heisst die Lösung schliesslich doppelt bezahlen. Diesmal dann doch in bar. Damit schaffen wir es anderntags zur Mittagszeit in die gut 70 Kilometer entfernte Hafenstadt Colón. Wir sind gut vorbereitet und haben alles dabei, was wir brauchen. Fast alles. Die Dame von der Zollbehörde verlangt für die temporäre Fahrzeugeinfuhr einen Antragsbrief, was uns eine extra Taxi-Runde zu einem Internetcafé verschafft. Schliesslich ist es kurz nach Drei, als wir auf dem Hafengelände ankommen. Rudolph, fast haben wir es geschafft! Doch leider macht uns der Hafenzöllner einen Strich durch die Rechnung, denn er hat bereits Feierabend. Enttäuscht nehmen wir ein Taxi in die Stadt. Im Reiseführer lesen wir, dass Colón zu einer der schmutzigsten und gefährlichsten Orte der Welt gehört. Wir würden uns hier also nicht freiwillig aufhalten und sind froh, dass uns zwei Polizisten mit dem Fahrrad auf der Hotelsuche begleiten. Colón ist tatsächlich der unschönste Ort unserer bisherigen Reise. Eine Kolonialstadt, die in sich zerfällt. Wir fühlen uns in dieser bewohnten Geisterstadt wie in einem trostlosen Film. Unglaublicherweise ist das Carlson Hotel ausgebucht. Schliesslich übernachten wir nicht ganz ideal, aber relativ günstig und sicher in einem Stundenhotel.

Morgens um 10 vor 7 klingelt das Telefon. Die 12 Stunden im Hotel sind rum. Wir haben bereits gepackt und könnens kaum erwarten, nach über einer Woche wieder in unser rollendes Zuhause einzuziehen. Gegen Mittag haben wir alle Zettel und Stempel, es ist soweit – Home sweet home, Rudolph ist wieder on Tour!

Die Terpel Tankstellen in Panama erinnern uns an die legendären Copec’s in Chile. Auch hier darf sich das Camperherz einer kostenlosen Dusche, Wifi und einer Waschmaschine erfreuen. Der ideale Ort , um uns und Rudolph nach der Verschiffung wieder startklar zu machen. Während sich Thomas – mit Alkohol und Eiskratzer ausgerüstet – mühselig an die Entfernung der vielen Aufkleber am Fahrzeug macht, erfreue ich mich des Highlights des Selber-Kleider-Waschens.

Wir trauen uns nochmals zur Geisterstadt. Mit 3500 Verkaufsläden ist nur die Freihandelszone in Hongkong grösser als diejenige von Colón. Da elektronische Geräte in ganz Lateinamerika teuer sind, nutzen wir die Gelegenheit, um ein paar unserer in Kolumbien abhanden gekommener Geräte zu ersetzen. Dann gehts raus, ans karibische Meer und zu den Ruinen des kleinen Hafens von Portobelo.

Die Franzosen waren es, die sich zwischen 1879 und 1889 vergeblich am Bau eines Kanales versucht hatten. Die französische Gesellschaft ging Konkurs und unglaubliche 22000 Arbeiter starben in der Sumpflandschaft an Malaria und Gelbfieber. 1903 verholfen die USA Panama zur Unabhängigkeit von Kolumbien und erhielten im Gegenzug einen grosszügigen Vertrag, der ihnen die Hoheitsrechte über die Zone beidseits der Wasserstrasse auf unbegrenzte Zeit zusicherte. 1914 wurde der Panamakanal offiziell eröffnet und bis heute ist er für den globalen Güterverkehr von grösster Bedeutung. Die US-Kontrolle über den Kanal dauerte bis 1999 an, bis er dann an Panama übergeben wurde.

Zwei- und neuerdings dreikammerige Schleusen bringen die Schiffe auf das Niveau des in der Mitte des Kanals liegenden Gatúnsees und am anderen Ende wieder auf Meeresniveau runter. Wir wollen uns die Agua Clara und Gatún Schleusen bei der karibischen Öffnung anschauen. Auf der Suche nach dem Besucherzentrum überqueren wir den Kanal. Die Überfahrt mit einem Privatfahrzeug scheint aber eigentlich nicht erlaubt zu sein, wie uns ein wild umher fuchtelnder und schreiender Herr begreiflich zu machen versucht. Ruhiger und höflicher erklärt uns ein Polizist schliesslich den Weg raus.

Die Besichtigung der Miraflores Schleusen machen wir auf offiziellem Weg. Von einer Aussichtsplattform folgen wir dem Spektakel. Ein Containerschiff mit den sogenannten Panamax-Massen, also genau der zulässigen Dimensionen, hat an beiden Seiten noch 0,61 Meter Abstand zur Kanalwand. Zahnradloks sorgen dafür, dass die Schiffe unversehrt durchgeschleust werden. Seit der Eröffnung neuer Schleusen im Juni 2016 können noch grössere Dampfer den Kanal passieren. Vormittags sehen wir gerade noch das letzte Schiff, das vom Pazifik her unterwegs ist und am späteren Nachmittag diejenigen, die vom atlantischen Ozean kommen. Uns erstaunt es, dass dazwischen während sechs Stunden tote Hose ist. Haben wir uns doch vorgestellt, dass hier ein Schiff nach dem anderen durchgeschleust würde. Doch das Warten hat sich gelohnt, denn nebst drei Frachtern passiert ein holländisches Kreuzfahrtschiff mit vielen winkenden Passagieren den Kanal.

Zurück in Panama City holen wir unser Bargeld beim Büro der Reederei ab, denn zwischenzeitlich ist unsere Zahlung eingetroffen. Für Entspannung sorgt eine Wanderung durch den Stadtpark Metropolitana, wo man uns erlaubt, beim Parkeingang kostenlos über Nacht stehen zu bleiben.

Das Herz Panama Citys liegt im Altstadtkern Casco Viejo mit seinen schön restaurierten Kolonialbauten.

In Santa Catalina gibt es nicht nur perfekte Wellen, sondern auch einen schönen Stellplatz an Meeresfront. Im Oasis Surf Camp lernen wir Martín, ein Reiseguide aus El Salvador, kennen. Wir hoffen, ihn in ein paar Wochen in San Salvador besuchen zu können.

So paradiesisch solche Plätze auch sind, so freuen wir uns, Mücken und Hitze mal wieder zu entfliehen. Wir fahren ins höhere Binnenland und verbringen an der Laguna La Yeguada eine kühle Nacht. Nur unsere geplante Rundwanderung fällt etwas ins Wasser oder besser in den Schlamm.

Beim Wort Panama kommt vielen Janosch’s Geschichte in den Sinn. Die Kinderbuchhelden Kleiner Tiger, Kleiner Bär und Tigerente suchen ein Land, wo es überall nach Bananen riecht und es schön ist… Wir haben uns Panama grün vorgestellt und das ist es. Nebst Bananen gedeihen hier Pflanzen, die wir uns Zuhause ins Wohnzimmer stellen. Nur einfach überall und in etwas grösser Form, sodass Rudolph in den Schatten eines Ficus passt.

Die Häuser in Panama sind farbig und erinnern mich an die kunterbunten Holzhäuschen in Chile. Während es in der Stadt von Autos wimmelt, sind auf dem Land Pferde ein beliebtes Transportmittel. Auch Affen gibt es zu sehen. So fühlen wir uns wohl in diesem Pipi-Langstrumpf-Land. Das Schönste sind die Menschen, die uns freundlich zuwinken, wenn wir durch die Dörfer fahren, und uns das Gefühl geben, hier willkommen zu sein.

Touristisch steht Panama wohl im Schatten Costa Ricas. Das bringt den Vorteil, dass es noch ganz viele, wunderbar einsame Flecken gibt. So haben wir am 20 Kilometer langen Strand von Las Lajas das Gefühl, fast alleine auf der Welt zu sein.

Blauer Himmel und Sonnenschein und nur wenig später strömender Regen, Blitz und Donner. Auch heute regnet es unverhofft sintflutartig. Plötzlich kracht es… die Markise (von der wir doch gerade noch gesprochen haben, wie robust sie doch auch sei…) hält dem vielen Wasser nicht stand, eine Stange bricht und ein Spanngelenk reisst aus. Klatschnass stehen wir im strömenden Regen. Immerhin, kalt ist es auch jetzt nicht. Anderntags scheint dann auch schon wieder die Sonne und Thomas kann das Blech zurückhämmern.

In der nächsten grösseren Stadt füllen wir mal wieder unsere Gasflasche auf. Nach über einem Jahr auf Reisen finden wir heraus, dass wir gar keine 7- sondern eine 9-Kilo Flasche haben. Der Chef persönlich versichert uns, dass das Messgerät 20 Libras (Pfunde) anzeigt, was 9,07 Kg entspricht. Etwas irritiert kommen wir schliesslich zum Schluss, dass die zugelassene Füllmenge in Panama wohl einfach etwas höher zu sein scheint als diejenige in der Schweiz…

Auf dem Weg von David nach Boquete kommen wir an den naturbelassenen Termas Los Pozos vorbei. Eigentlich wunderschön, da gibt es nur eine Tücke. Eine 40 Grad heisse Thermalquelle ist nicht gerade das, was man sich bei schwül-heissen 35 Grad am meisten wünscht. Spass hats trotzdem gemacht 😉

Wir fahren ins idyllische Bergdorf Boquete am Fuss des Vulkans Barú. Der einzige Vulkan Panamas verbirgt sich die nächsten Tage im Nebel, nichtsdestotrotz ist das erfrischend kühle Klima ein Genuss.

Beim Besucherzentrum des Nationalparks Barú schlafen wir auf 1800 Meter wie Murmeltiere und sind nicht die einzigen Schweizer, die es in die Berge gezogen hat. Mit Erika und Albert und ihrem Sprinter Silverstar stehen wir hier oben in bester Gesellschaft.

Anderntags versuchen wir während einer mehrstündigen Wanderung durch die Nebelwälder den Göttervogel Quetzal zu erspähen.. leider (noch) ohne Erfolg. Doch nur schon die Geräusche des Waldes sind märchenhaft.

Wir bleiben noch ein paar Tage in Boquete und geniessen das angenehme Klima. Als sich dann noch Anja und Tobi dazu gesellen, könnte das Camperleben nicht besser sein 🙂

Zusammen mit Anja und Tobi fahren wir nochmals zum Strand Las Lajas. Aus Mangel an Wind versuchen wir uns beim Wellensurfen. Thomas stellt sich dabei als Naturtalent heraus und steht nach dem Crashkurs schon lässig auf dem Brett. Was für ein Spass!

Nach drei Wochen im schönen Panama gehts weiter, im Konvoi mit Anja und Tobi auf nach Costa Rica!

 

Entlang Kolumbiens Karibikküste- von Cabo de la Vela nach Cartagena

Die Enden dieser Welt sind etwas besonderes. Im äussersten Nordosten Kolumbiens ist Cabo de la Vela so ein spezieller Fleck Erde. Es ist wohl die Einfachheit, die diesem rauen, windigen Ort seinen Charme verleiht. Ausser kitesurfen, am Strand spazieren, schwimmen und in der Hängematte faulenzen, gibt es hier absolut nichts zu tun. Doch was wollten wir auch mehr?

Die dürre, heisse Wüste im Grenzgebiet von Kolumbien und Venezuela ist die Heimat des indigenen Volkes der Wayúu. Sie leben in Grossfamilien, in einfachsten Hütten, meist von ein paar Ziegen, Hühnern und dem Fischfang. Da Cabo bis vor ein paar Jahren als unsicher galt, steckt der Tourismus noch in den Kinderschuhen. Doch immer mehr Backpacker finden den Weg hierher. Die Wayúu Frauen und Kinder verkaufen von früh morgens bis abends selbst geknüpfte Armbändeli und aufwändig gehäkelte Umhängetaschen.

Auch in der Hauptstadt des Departments La Guajira, im untouristischen Riohacha, werden die bunten Wayúu-Taschen günstig am Strassenrand verkauft. In den Touri-Hochburgen Kolumbiens und im Ausland gibt es die beliebten Taschen zum zigfach höheren Preis. In Riohacha stehen wir nochmals für ein paar Tage bei einer Kiteschule, diesmal leider ohne Wind-Glück.

Der Karbikküste entlang fahren wir weiter südlich und treffen auf dem Campingplatz Los Angeles unsere Schweizer Reisefreunde Erika und Ernst sowie Laura und Jonas mit dem kleinen Lukas. An diesem paradiesischen Strand müssen wir nur aufpassen, dass uns keine Kokosnuss auf den Kopft fällt…

…und uns kein Kaiman in die Zehe beisst.

An der Uferpromenade von Santa Marta geniessen wir nach einem heissen Autofahrtag die erfrischende Abendbrise. Ein Herr hat sein Fahrrad in einen Grill-Verkaufsstand umgebaut, eine Afroamerikanerin trägt einen riesigen Früchtekorb auf ihrem Kopf, ein paar Argentinier verkaufen selbstgemachten Schmuck und eine holländische Backpackerin läuft mit einer Box selbstgemachter Crêpes umher. Dass dies erlaubt ist, ist etwas, was wir an Südamerika lieben. Irgendwie ist hier vieles noch so wunderbar unkompliziert.

Die nächste Stadt an der Küste heisst Barranquilla. Eine Industriestadt, die für ihren grossen Karneval bekannt und der Heimatort der Popsängerin Shakira ist. Ein paar Kilometer weiter folgt der nächste Kite-Spot. Doch auch in Puerto Velero weht momentan nur ein schwacher Wind.
Die Nacht verbringen wir am Vulkan El Totumo. Früh morgens strecken wir unsere Zehen in grauen Schlamm. Langsam lassen wir uns in den Krater hineingleiten, bis wir von Kopf bis Fuss mit der geschmeidig weichen Masse umgeben sind. Der Kegel des Vulkans ist gerademal 20 Meter hoch. Entsprechend klein ist auch sein Krater, der mit warmem Schlamm gefüllt ist. Ab und zu gluckst es, kleine Eruptionen sind spürbar. Der Schlot unter uns soll 500 Meter hinab ins Erdinnere reichen. Wie Korken stecken wir an dessen Oberfläche und haben Spass wie kleine Kinder. Ein herrliches Bad – nur leider haben wir davon kein Foto mehr.
In La Boquilla, an einem Strand etwas ausserhalb der Hafenstadt Cartagena, stellen wir uns nochmals zu einer Kiteschule. Diesmal weht der Wind – und zwar wie! Das stürmische Wetter bringt hohe Wellen mit sich, die uns anfänglich vom Brett hauen, doch dann richtig Spass machen.

Übers Wochenende machen wir einen Ausflug auf die 20 Kilometer südwestlich von Cartagena gelegene Halbinsel Barú. Beim Strand Bahía Blanca wollen wir uns nochmals mit Laura und Jonas treffen. Zusammen mit vielen anderen einheimischen und ausländischen Wochenendausflüglern geniessen wir den weissen Strand, das klare, türkise Meer und frischen Fisch.

Anderntags besuchen wir den Park Avario Nacional de Colombia.

Die Drei beleiten uns zurück zum Strand von La Boquilla, wo wir nochmals eine gemütliche Zeit zusammen verbringen.

Von Kolumbien nach Panamá gibt es keine durchgehend für Autos passierbare Strasse. Zudem wäre ein Transit wegen im Grenzgebiet herrschenden Guerilla-Aktivitäten und Drogenbanden lebensgefährlich. Diese Lücke im Panamericana-Strassennetz von Nord- und Südamerika wird Tapón del Darién, Darien-Stöpsel, genannt. So bleibt nur der Wasserweg und da es keine Fähre gibt, wird Rudolph, wie bereits von Hamburg nach Montevideo, mit einem Frachter verschifft. Von der Reederei Höegh Autoliners haben wir ein gutes Angebot für eine RoRo-Verschiffung bekommen. Obschon die Überfahrt diesmal keine vier Wochen, sondern blos einen Tag dauert, ist das ganze Prozedere genauso aufwendig. Wir wollen es entspannt angehen. Der Plan steht: morgens erledigen wir in Cartagena den Papierkram und nachmittags wird gekitet.
Der Plan wäre perfekt, wenn da nicht – wie könnte es auch anders sein – etwas dazwischen kommen würde. „Wo hast du mein Handy hingetan?“ fragt mich Thomas, während ich gerade aus dem Tiefschlaf erwache. Ein Blick zu unseren Füssen, dann zu den Fenstern und wir sind beide hellwach. Was für ein Schock! Dummerweise haben wir nicht nur Thomas Handy, sondern auch unseren Laptop mit Harddisk, die Fotokamera und ein Tablet auf dem Bett liegen gehabt. Gehabt – nun ist alles weg… Denn das zweite „dummerweise“ ist, dass wir die Fenster wegen der Hitze offen liessen und es den nächtlichen Einbrechern leicht fallen musste, das Fliegennetz aufzuschneiden und unser elektronisches Hab und Gut rauszuholen. Der Junge, der nachts die Kiteschule bewacht, ist anscheinend nach Mitternacht eingeschlafen… Ach, ach, das ist dumm gelaufen… immerhin, uns ist nichts passiert!

Wir ziehen um, auf einen überwachten Parkplatz und reagieren uns beim Kiten ab.

Nach dem Schock-Karfreitag heizen wir Rudolphs Stube an Ostern richtig ein. Sinkt das Thermometer seit Tagen auch nachts nicht mehr unter 30, so steigt es nun noch gut über 40 Grad. Sauna beim Hasen backen 😉

Cartagena gilt als Perle der Karibik. Uns gefällt die moderne Hafenstadt mit den weissen Hochhäusern. Das Highlight ist natürlich die malerische Altstadt voller grosser Kolonialhäuser mit bunten Fassaden, schönen Balkonen und riesigen Holztüren. Cartagena war zu Zeiten der spanischen Besetzung der wichtigste Hafen. Noch heute hat man das Gefühl, in Andalusien zu sein. Ich stelle mir vor, wie hier Gold und Edelsteine auf Schiffe geladen, wie die Stadt von Piraten angegriffen wurde und wie hier einst der grösste Sklavenmarkt Südamerikas stattfand. Heute zieht Cartagena jede Menge Touristen an. Abends galoppieren Pferde mit Kutschenwagen über die gepflasterten Gassen und es gibt etliche Strassencafés und gemütliche Restaurants.

Dann ist es soweit. Rudolph fährt seinen letzten der gut 40‘000 Kilometer auf südamerikanischem Boden. Zwei Tage bevor das Schiff den Hafen verlässt, müssen wir Rudolph abgeben. Die Drogeninspektion dauert nochmals drei Stunden, dann ist das Prozedere auf kolumbianischer Seite geschafft.

Wir bleiben noch ein paar Tage in Cartagena und beziehen am Kitestand ein Hotelzimmer. Während wir faul auf dem Bett liegen, die Klimaanlage surrt und wir seit Monaten wieder einmal fernsehen, klopf es an die Tür. Welch schöne Überraschung, unsere deutschen Freunde Anja und Tobi sind da! Zusammen verbringen wir unsere letzten Tage in Kolumbien…

…besteigen das Castillo San Felipe, die grösste Festung, welche die Spanier in Südamerika errichtet haben…

… und gehen ein letztes Mal in Südamerika beim Argentinier essen.

Dann ist es soweit, nach 15 abenteuerlichen Monaten sagen wir Adiós Sudamerica! In Panamá beginnt ein neues Abenteuer – Etappe zwei unserer Reise, die uns hoffentlich noch bis nach Mexiko führt!

 

Im Herzen Kolumbiens – von Salento zur Nordspitze Cabo de la Vela

Ein voll beladener Touri-Jeep bringt uns ins Valle del Cocora. Es weht ein frischer Wind, der herrliche Duft nach Eukalyptusbäumen steigt uns in die Nase. In diesem idyllischen Tal werden die Kühe noch auf der Weide und von Hand gemolken. Einmal in Cocora angekommen, führt uns ein Wanderpfad durch einen satt-grünen Nebelwald. In einem kleinen Naturreservat gibt es Kolibris zu sehen und auch sonst entdecken wir den einen oder anderen Vogel. Doch das wahrhaft grosse Highlight kommt zum Schluss: die grössten Palmen der Welt, bis zu 60 Meter hohe Wachspalmen.

Zurück im Dorf Salento schmeckt das Glace nach einer solchen Wanderung natürlich noch viel, viel besser.

In Kolumbien wimmelt es von gut erhaltenen Kolonialdörfern voller spanischer Architektur. Auch in Salento findet man historische Gassen, bunte Häuser und jede Menge Touristen. Wir dürfen kostenlos beim Restaurant Meraki stehen, dessen Besitzer auch gerade einen Sprinter zu einem Camper umbaut.

Denkt man an Kolumbien, so kommt einem der Kaffee in den Sinn. Wobei dieser hier für den europäischen Geschmack bitter schmeckt und vielleicht deswegen mit sehr viel Rohrzucker gesüsst wird. Der Espresso heisst Tinto. Café Americano ist ein Tinto mit Wasser verdünnt. Wirklich guten Kaffee zu finden, ist hier keine Leichtigkeit, denn die guten Bohnen sind vorwiegend für den Export gedacht. Die verdorbenen Böhnchen gelangen übrigens in Nestles Instantkaffee. Dies und noch viel mehr Spannendes rund um die grosse Wissenschaft des Kaffees erfahren wir auf einer tollen Tour duch die Café-Hacienda Guayabal. Mit pinkem Sombrero und Erntekorb bestückt dürfen wir selbst Kaffee pflücken.

Hoch über der Grossstadt Medellín finden wir im Vorort Santa Elena einen ruhigen Campingplatz. Wir erfreuen uns der Waschmaschine und Küche. So gibt es wieder einmal eine heisse Gulaschsuppe und ein feiner Butterzopf. Jonas und Laura mit ihrem kleinen Sohn Lukas, die wir im Norden Ecuadors kennengelernt haben, sind auch hier und bald gesellen sich Erika und Ernst zur Schweizer Runde dazu.

Einst lag Medellín fest in der Hand des berüchtigten Drogenbosses und Kartell-Anführers Pablo Escobar. Bis in die 90er Jahre galt die Stadt als einer der gewalttätigsten Orte der Welt. Heute gilt sie als sicher, wobei die Kolumbianer verständlicherweise schlecht auf Esocbar anzusprechen sind. Sie machen ihn für das schlechte Image Kolumbiens verantwortlich. Obschon heute Frieden herrscht, hat der Bürgerkrieg des letzten halben Jahrhunderts seine Spuren hinterlassen. Millionen sind dem Krieg auf dem Land entflohen und in den Slums der Metropolen gelandet. Wir lernen Medellín als Stadt voller Kontraste kennen. Eine moderne Seilbahn bringt uns runter ins Tal. Wir schweben über die Armenviertel an den Hängen, wo sich unverputzte Backsteinhütten mit Wellblechdächern aneinanderdrücken. Auch die ultra-moderne Metro steht im Gegensatz zu dem chaotischen Strassenbild der zweitgrössten Stadt Kolumbiens. Über einen Rummelmarkt finden wir den Weg zum Hauptplatz.

Hier stehen mehrere voluminöse, bronzene Figuren des kolumbianischen Künstlers Ferdinand Botero. Daran schliesst eine Fussgängerboulevard mit modernen Einkaufszentren an. Ob es an den allgegenwärtig aufdringlichen Strassenverkäufern, den schnorrenden Obdachlosen oder den vielen drogenabhängigen Menschen liegt… Jedenfalls werden wir hier im Zentrum nicht so richtig warm mit dieser Stadt.

Etwas ausserhalb, im Barrio Comuna 13, einst das ärmste Viertel der Stadt, mag uns Medellín dann doch noch von einer anderen Seite beeindrucken. Hier führen mehrere Rolltreppen den Hang empor. Die grauen Wände sind bunt besprüht und aus den Häusern ertönt friedlicher Hiphop. Vielleicht sind es genau solch kreative Projekte, die Medellín zu einer besseren Zukunft verhelfen.

Die Metro bringt uns zurück ins Zentrum, wo wir den Tag im botanischen Garten ausklingen lassen.

Unweit der Stadt befindet sich der Piedra del Peñol, ein Millionen alter, riesiger Granitstein. Heute Sonntag herrscht Hochbetrieb. Während Ernst unsere Fahrzeuge bewacht, steigen wir mit Erika im Zickzack die fast 700 Treppenstufen den Hinkelstein empor. Belohnt werden wir mit einem herrlichen Panoramablick. Die Fjord-Landschaft entstand in den 70er-Jahren, als das Gebiet für den Bau eines Staudammes geflutet wurde.

Zwischen zwei Kordilleren fliesst unten im Tal der Río Claro. Auf der Wiese des Campings sind wir die einzigen Gäste und haben richtig viel Platz.

Wie der Name bereits verrät, ist der Río Claro ein klarer Fluss. Wegen starker Regenfälle hat er seine Farbe allerdings gerade von Türkis zu Braun gewechselt. Das soll dem Spass aber nichts abtun. Zusammen mit Ernst mieten wir uns Reifenschläuche, womit wir durch den Regenwald, an tropischen Vögeln vorbei und durch tropfende Höhlen den Fluss runter rauschen.

In Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, werden wir von den Mitarbeitern und Chefs der Mercedes-Garage La Floresta grossartig empfangen. So ein Schweizer-Zweier-Sprinter-Gespann fährt hier nicht alle Tage ein. Wir werden sogar gefragt, ob wir denn Diplomaten seien. Jedenfalls fühlen wir uns und vor allem Rudolph in guten Händen. Es wird ein teurer Spass, denn Rudolph braucht neue Bremsen, Stossdämpfer und eine komplette Blinkanlage. Immerhin dürfen wir die nächsten Nächte auf dem Garagengelände stehen, was in bisherigen Garagen meist nicht erlaubt war.

Mein zweiter Geburtstag auf Reisen wird goldig, denn wir besuchen das Museo del Oro. Das weltweit grösste Goldmuseum macht uns eindrücklich klar, wie weit entwickelt die vorspanischen Kulturen Kolumbiens, ja ganz Südamerikas, waren. Mehrere Zehntausend Ausstellungsstücke überfluten unsere Augen. Tausend Jahre alte Schmuckstücke, die mit moderner Goldschmiedekunst noch lange mithalten können. Ein besonderes Exemplar ist ein Miniatur-Floss, das den König des Muisca-Volkes mit seinen Gefolgsleuten darstellt. Es besteht aus nichts als purem Gold und soll als Beweis dafür dienen, dass es den El Dorado, den vergoldeten Mann, tatsächlich gab. Der Mythos des El Dorado war es denn auch, der die Kolonisten auf der Goldsucherei durch Südamerika trieb.

Nebst dem Goldmuseum beherbergt Bogotás historischer Kern die schmucke Altstadt La Candeleria. Ein gepflegter, ruhiger Fleck mit einem tollen Kunst-Café. Nachdem das Zmittags-Geburi-Essen nicht gerade lecker ausfiel, gibt es zum Abendessen Pizza und Heineken-Bier 😉

Die richtig grosse Party lassen wir anderntags in Chía, einem reichen Vorort nördlich von Bogotá, krachen. Im Club Andrés Carne de Res gibt es zartes Rindfleisch, laute Latino-Musik, Animateure, die die Stimmung anheizen und gestossen volle Tanzflächen. Ach und wie die Kolumbianer ihre Hüften schwingen lassen können… als wären sie tanzend zur Welt gekommen. Entsprechend ist auch die Stimmung, locker, fröhlich ausgelassen, einfach fantastisch!

Auf dem Weg ins nächste Kolonialdorf ertönt ein neues Geräusch. Wir lauschen einem Zischen. Schliesslich finden wir die Lösung des Rätsels. Der Turbolader-Schlauch hat sich gelöst. Ja gut, schnell gefixt kann die Fahrt weiter gehen und der Zwischenstopp hat noch dazu verholfen, dass wir wieder auf Jonas, Laura und Lukas treffen.

Das wohl bekannteste Kolonialdorf Kolumbiens heisst Villa de Leyva. Der riesige, kopfsteingepflasterte Hauptplatz ist von vielen Restaurants, Cafés und Souvenirläden umgeben. Wir freuen uns unglaublich, als wir in einer Nebengasse ein kleines Lokal entdecken. Wie lecker, heute gibt es Koreanisch! Essen, das uns an gemütliche Abende Zuhause erinnert, wenn unser Freund Thomas uns mit koreanischen Spezialitäten verwöhnt.

Weiter nördlich stehen wir in San Gil auf dem Camping Fogota, wo wir unter märchenhaften Bäumen kolumbianische Parilla-Würstchen über dem Feuer brutzeln. Für Unterhaltung sorgt die Ara-Dame Laura.

In Barichara, einem weiteren Kolonialdorf, finden wir einen Stellplatz mit Traumpanorama.

Dennoch bleiben wir nicht bis zur Nacht, denn der Ort ist zwar hübsch gepflegt, die Häuser sind frisch gestrichen, doch das Dorf ist heute wie ausgestorben. Zu ruhig für unseren Geschmack. Vielleicht sind wir uns das einfach auch nicht mehr gewohnt. Spielt sich das Leben in Südamerika sonst immer draussen ab.

Wir fahren also weiter. Das Thermometer steigt, umso näher wir dem kolumbianischen Tiefland kommen.

Als es drückend heiss ist, endet die asphaltierte Strasse und mündet in eine staubige, löchrige Piste. Das Ganze erinnert uns an die Fahrt durch den paraguayischen Chaco.

Inmitten der Sumpf-Landschaft liegt Mompóx. 1537 gegründet war die Kolonialstadt einst ein wichtiges Handelszentrum, durch dessen Hafen Gold, Silber und Smaragde flossen. Als Dampfer die Segelschiffe verdrängten, wurde der Zwischenstopp überflüssig und die Stadt am Río Magdalena versank für lange Zeit in Vergessenheit. Der aufkommende Tourismus erlöst es gerade aus dem Dornröschenschlaf. Ein paar schmucke Kirchen und alte Bauten erfreuen sich ihrer Beliebtheit. Wir wundern uns über die vielen Schweizer Kreuze im Ort. Später erfahren wir, dass das heilige Kreuz von Mompóx dem helvetischen entspricht und es als Stadtflagge auserkoren wurde, da die Schweiz für Demokratie steht. Als wir durch die Strassen und an der Uferpromenade entlang schleichen, erstaunt es uns nicht, dass sich in dieser Brut-Hitze Schaukelstühle grosser Beliebtheit erfreuen. Es ist knapp 40 Grad, während die Luftfeuchtigkeit bei 90 Prozent liegt.

Als wir abends den blutrünstigen Moskitos entfliehen, ohne Licht im Bett höckeln und Schweissperlen trotz absolutem Nichtstun runter träufeln, sehne ich mich nach der kühlen Schweiz. Der deutsche Forscher Alexander von Humboldt, der hier 1801 Krokodile sezierte, beschrieb die Stadt als „einer der heissesten Orte Amerikas“. Zudem machte er die grossartige Feststellung, dass die Moskitos hier auch durch mehrere Lagen Kleidung hindurchstechen. Um fünf Uhr wird’s hell und wir haben die Nacht überstanden. Wie die Sonne aufsteigt, verlassen wir Mompóx. Bis zum Sonnenuntergang sind wir unterwegs. Unser Ziel ist die Karibikküste. Einige Kilometer fahren wir an der Grenze von Venezuela entlang, wo die politische Situation seit vielen Monaten als höchst unsicher gilt. Wegen Schmuggel und illegaler Zuwanderung passiert man in dieser Gegend viele Militärkontrollen. Der günstige Sprit aus dem Nachbarland wird am Strassenrand verkauft.

Dann haben wir es geschafft. Wir haben ihn erreicht, den nördlichsten Punkt unserer Südamerikareise. Inmitten einer dürren Wüste, dem Gebiet der Wayúu-Indigenen befindet sich auf einer Halbinsel Cabo de la Vela. Mit einem Guide könnte man noch höher fahren, nach Punta Gallinas. Doch für uns ist hier genug, denn was wollen wir mehr als Meer und Wind, einer Bucht, die den Kitern und Fischern gehört.

 

Berg- und Talfahrt durch ein offenes Kolumbien – von Ipiales nach Calima

Komm mit, komm mit mir ins Abenteuerland…
Heute reisen wir in unser letztes Südamerika-Abenteuerland ein, bevor wir nach Panama übersetzen. Wir platzen fast vor Vorfreude! Vor uns liegt der Südwesten Kolumbiens, voller spannender Gegensätze und geborgener Schätze. Unweit des Grenzortes Ipiales finden wir den ersten Schatz. Eine Gondel führt uns ins Tal von Las Lajas hinunter, zu einer imposant in die Schlucht gebauten Basilika. Die Fels- ist gleichzeitig Altarwand. Die Kirche wurde an dieser speziellen Stelle errichtet, da an diesem Ort Wunder geschehen sollen. So berichtet eine Sage von einem taubstummen Mädchen, dass hier der Jungfrau Maria begegnet sei und daraufhin hören und sprechen konnte.

Kolumbien zieht uns vom ersten Moment an in seinen Bann. Die majestätische Landschaft – Kolumbien ist doppelt so gross wie Frankreich – beeindruckt uns genauso wie die Offenherzig- und Fröhlichkeit der Menschen. In den vergangenen Jahren ist Kolumbien zu einem populären und weitgehend sicheren Reiseland geworden. Das Land befindet sich im Aufbruch und nach fast einem halben Jahrhundert Bürgerkrieg tragen die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und den Rebellengruppen erste Früchte.

Dass Kolumbianer offen und interessiert gegenüber Neuem sind, erleben wir das erste Mal in der Stadt Pasto. Wir suchen nach einem Bankomaten, noch ohne Erfolg. Als wir am Strassenrand parkieren und uns überlegen, wo wir als nächstes hinfahren, spricht uns Dario an. Der junge Mann will uns gerne helfen. Ob auch wir etwas für ihn tun könnten. Na klar! Wir folgen dem Roller von Dario zur Universität. Wahrscheinlich möchte er ein Interview mit uns machen, das haben wir schon öfters erlebt. Doch plötzlich steht Dario mit uns vor einem Klassenzimmer. Seine Englisch-Lehrerin öffnet die Türe und bittet uns in die Klasse. So sitzen wir überrascht da, in einer Runde kolumbianischer Studenten und beantworten Fragen zu uns, Kolumbien und der Schweiz, unserer Reise… Es ist spürbar, dass die Kolumbianer sich über den zunehmenden Tourismus freuen und sehr interessiert sind. Sie erzählen uns begeistert von ihrem Land und dass es nun sicherer sei. Zum Abschluss gibt es ein tolles Gruppenfoto auf der Wiese vor der Uni, im Hintergrund der über 4000 Meter hohe Vulkan Galeras. Anschliessend laden uns Dario und seine Lehrerin Adalgisa zu einem leckeren Mittagessen ein. Wir geniessen die unverhoffte Begegnung und grossartige Gastfreundschaft!

25 Kilometer ausserhalb von Pasto liegt zwischen idyllischen Bergen, Kuhweiden und Holzchalets die Laguna de la Cocha. Beim Restaurant Jardin del Lago wollen wir die Nacht verbringen. Hier erwartet uns eine weitere schöne Überraschung. „Unsere“ Fahrradfahrer Laura und Reza sowie unsere Reisefreunde Erika und Ernst sind auch hier! Zusammen geniessen wir die in der Sonne glitzernde Lagune, ein kühles Bier und zum Abendessen einen Trucha, frische Forelle.

Gestärkt brechen wir am anderen Morgen auf. Vor uns liegt wohl eine der atemberaubendsten Strassen Kolumbiens. Die berüchtigte Piste El Trampolín de la Muerte, das Trampolin des Todes, führt uns durch nebelverhangene Bergwälder. Wir hüpfen wahrhaft wie auf einem Trampolin auf unseren Sitzen über die holprig steinigen Passstrassen. Kurvenreich geht es bergauf und gleich wieder bergab, denn Tunnels gibts hier nicht. Einmal sind wir im kalten Nebel, dann wieder in wärmeren Gebieten. Der Staub wirbelt umher. Viele Warntafeln, abgerutschte Leitplanken, hie und da ein Erdrutsch, mal wieder eine Wasserüberquerung und vor allem schmale Strassen und steile, tiefe Abgründe wecken in uns das Gefühl von Abenteuer und Nervenkitzel pur. Anders als beispielsweise die Todesstrasse in Bolivien wird diese Strecke noch rege befahren und so kommt es zu engen Kreuzungsmanövern mit entgegenkommenden Lastwagen.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit haben es Guschti, der Sprinter von Erika und Ernst, und Rudolph nach Mocoa geschafft. Nun befinden wir uns im Tiefland-Regenwald. Auf dem Camping Vaguara werden wir einladend von Cristobal, Ilona und Mario empfangen.

Nach dem Frühstück steigen die Temperaturen. Wir befinden uns im oberen Amazonasbecken und das schweisstreibende Tropenwetter macht uns etwas zu schaffen. Nicht nur das, sondern auch die vielen neuartigen Früchte auf dem Markt hauen uns um. Nebst Bananen, Maracujas und Mangos gibt es exotische Früchte, die wir noch nie gesehen haben, wie beispielsweise eine Baum-Tomaten-Frucht oder Lulo.

Nachmittags kraxeln wir durch den Regenwald einen Hügel hoch. Wir fühlen uns, als ob wir in einer Sauna wandern würden. Doch dann haben wir es geschafft. Vergnügt springen wir in den kalten Río, geniessen die Abkühlung und den idyllischen Wasserfall.

Wieder unten angekommen, sorgt ein typisch kolumbianisches Getränk für frische Energie. Agua de Panela ist ein Wasser-Rohrzucker-Getränk, das zwar furchtbar süss, aber mit Limettensaft sehr lecker schmeckt.

Wir schaffen es gerade noch vor dem Gewitter zurück auf den Camping. Wie schön, auch Laura und Reza haben die Abenteuer-Piste geschafft! So ist die Runde wieder komplett und parat für ein weiteres Trucha-Essen. Diesmal gibt es den Fisch aus dem Holzofen und mit einem Bananen-Palmen-Blatt umwickelt.

Zusammen mit Erika und Ernst fahren wir im Konvoi weiter. Wir steigen wieder auf 1700 Meter und kommen durch ein grünes Tal, in dessen Tiefe der Río Magdalena, Kolumbiens grösster Fluss, fliesst. Auf dem Camping Colina de Santiago in San Agustín ist es regnerisch und kühl. Perfektes Wetter für eine Jass-Runde unter Schweizern. Ja, wir lernen tatsächlich in Kolumbien zu jassen!
Anderntags besuchen wir den Archäologischen Park mit seinen steinernen Figuren aus vorspanischer Zeit. Ein Rundgang führt uns durch den Wald und über die Hügel. Die monumentalen Skulpturen sind ein geheimnisvolles Überbleibsel eines längst verschwundenen Volkes und erstaunlich gut erhalten. Rund 500 Figuren wurden in der Gegend von San Agustín gefunden. Die maskierten Ungeheuer, Jaguar-Schamanen oder heiligen Tieren wie Adler oder Frosch ähnelnden Figuren dienten vermutlich als Grabsteine.

Mit dem Colectivo geht es zurück in den Ort. Das Wandern hat durstig und hungrig gemacht.

Die nächsten 280 Kilometer beanspruchen einen ganzen Fahrtag. Schleichende Lastwagen, waghalsige Überholmanöver einheimischer Fahrzeuge, viele umher flitzende Roller und einige fiese Schlaglöcher machen das Fahren hierzulande nicht langweilig. Noch ist die Gegend üppig grün und der Boden fruchtbar. Kaum zu glauben, dass wir bald in eine Wüste kommen sollen. Doch dann ändert sich die Landschaft plötzlich. Bäume entweichen Kakteen, der Boden wird trocken, rissig und die Erde rötlich-braun. Es ist wieder fast 40 Grad heiss, das Wechselbad geht weiter!

Die 330 km2 grosse oder eben kleine Tatacoa-Wüste ist eine Kuriosität, da sie rundum von Vegetation umgeben ist. Die Berggipfel um den Nevada de Huila bekommen den Grossteil des Regens ab, während es hier, wo es bis zu 50 Grad heiss werden kann, oft trocken bleibt.

Während die Sonne dem Horizont neigt, gelangen wir an einen paradiesischen Ort auf Erden. Eine Empfehlung unserer Reisefreunde Betty und Beat – herzlichen Dank dafür! Ein Stellplatz inmitten einsamer Natur. In der der heissen Savanne steht hier ein riesiger Pool, quasi ein Privatpool, denn wir sind die einzigen Gäste. Der Wahnsinn! Zwei wunderbar ruhige und friedliche Tage geniessen wir auf dem Platz von Saul und seinen Freunden. In dieser bizarren Landschaft fühlen wir uns wie auf einem anderen Stern. Saul erklärt uns, dass die pinken Früchte und weissen Blüten des Melonenkaktus essbar sind. Sie schmecken leicht süsslich und der Stiel der Blüte erinnert mich an Zuckerwatte.

Wenig Lichtemissionen und eine klare Luft machen den Sternenhimmel grandios. Von Javier, dem ansässige Astronomen, erfahren wir beim Besuch der Sternwarte viel Spannendes. Mit einem Laserpointer zeigt er uns verschiedene Sternbilder und durch die Teleskope dürfen wir die Halbsichel der Venus, das Funkeln des Tauron und die vielen neuen Sonnen des Orionnebels bestaunen. Javier ist sehr enthusiastisch und zwei Stunden Vortrag vergehen wie im Flug. Einmal mehr sind wir uns bewusst, wie klein die Erde, ja wir Menschen doch im grossen Universum sind. Unterhalb der Sternwarte liegen die Canyons El Cuzco, durch die wir am anderen Morgen noch vor dem Frühstück wandern. Erosionen haben ein fabelhaftes Labyrinth aus rot-orangen Felsformation geschaffen.

Zusammen mit Erika und Ernst fahren wir weiter, wieder in kühlere Gebiete. Die vor uns liegende Strecke war über Jahrzehnte Guerilla-Gebiet und galt entsprechend als gefährlich. Die Situation hat sich in den letzten Jahren stark verbessert und heute sorgt das Militär für Sicherheit. An vielen Überlandstrassen treffen wir auf Checkpoints, an denen uns die Militaristen mit hochgestrecktem Daumen signalisieren, dass der kommende Strassenabschnitt als sicher gilt. Generell können wir sagen, dass wir uns in Kolumbien bisher nie unsicher gefühlt haben.
Während wir in die Höhe steigen, wird die Luft allmählich kühler. Über eine Schotterstrasse gelangen wir in das kleine Bergdorf San Andrés de Pisimbalá. Hier lebt das indigene Volk der Nasa, dem es bis heute gelungen ist, schwer bewaffnete Guerilleros und Paramilitärs aus ihrem Territorium zu verjagen und ihre uralte Identität zu bewahren. Mit Zeremonie-Stäben und –keulen ausgerüstete Wächter sorgen für Recht und Ordnung. Die Nasa organisieren und verwalten ihr Gebiet selbst und verfügen über eine eigene Rechtsprechung. Als wir ins Dorf fahren, lodert gerade ein grosses Feuer auf dem Dorfplatz. Später erfahren wir, dass darin einige Kilo Marihuana verbrannt wurden. Der Mann, bei dem die Grossmengen gefunden wurden, soll morgen in der Dorfkirche mit Peitschenhieben bestraft werden.

Wir finden einen einfachen, aber sicheren Stellplatz. Zu den kühlen Temperaturen passt das Gerber-Fondue, das uns Tabea und Marco mitgebracht haben, hervorragend!

Unmittelbar südlich des Dorfes San Andrés befindet sich eine weitere bedeutende archäologische Stätte. Tierradentro ist bekannt für seine Grabkammern. Noch vor dem indigenen Volk der Nasa erbauten die einstigen Bewohner etwa 500 bis 900 Jahren nach Christus auf den umliegenden Hügeln Schachtgräber. Wir wandern zu den verschiedenen Fundorten. Holzklappe auf und los geht’s. Zwei bis neun Meter tief klettern wir die grossen, steilen Treppenstufen runter ins Erdinnere. Unten ist es kühl und finster. Gut haben wir unsere Taschenlampe dabei. Einige der unterirdischen Grabkammern sind mit Malereien verziert. Hier wurden die ausgegrabenen Knochen verstorbener Stammesmitglieder zur letzten Ruhe gesetzt. Grabräuber und Archäologen fanden nebst den Ton-Urnen Grabbeigaben wie Keramik- und Goldgegenstände. Die Parkwächter freuen sich merklich über den aufkommenden Tourismus. Überall werden wir sehr freundlich begrüsst und man erklärt uns engagiert die verschiedenen Grabstätten.

Der Wanderweg führt uns hoch über die saftig grünen Hügel, wo wir auf freundliche Einheimische, Pferde und einfache Bambus-Häuser treffen. Zurück in San Andrés gibt es einen erfrischenden Jugo de Mora, Brombeerensaft.

In Silvia, einem weiteren Indígena-Dorf in den Bergen nördlich von Popayán suchen wir einen Stellplatz. Doch dort, wo wir hinwollten, ist niemand da. Etwas ratlos parkieren wir am Strassenrand. Da taucht plötzlich Aria auf, eine junge Einheimische, die uns wieder erkennt. Sie und ihr Mann Jorge haben uns in Tierradentro angetroffen. Sie lädt uns gleich ein. Wir dürfen sicher vor dem Haus ihres Vaters Augustin stehen. Die Gastfreundschaft der Menschen, die dem Stamm der Guambiano-Indianer angehören, überrascht uns, denn im Reiseführer haben wir gelesen, dass das Volk gegenüber Touristen und Fotos sehr zurückhaltend sei. Doch nun stehen wir in einer Küche von Einheimischen und werden von zwei strahlenden Gesicherten willkommen geheissen.

Heute Dienstag ist in den Strassen von Silvia viel los, denn der traditionelle Markt findet statt.

Wir geniessen es, durch das quirlige, farbenfrohe Gewühl zu schlendern. Es gibt herrlich frisches Gemüse und Früchte, einen tollen Rummelmarkt und vor allem viele strahlende Gesichter. Die Guambianos sind sehr geschäftig. Es herrscht eine lebhaft fröhliche Stimmung.

Nachmittags dürfen wir mit Augustin seine Brüder in einem höher gelegenen Dorf besuchen. Joaquin bewohnt das 100-jährige Elternhaus, indem die Geschwister liebevoll ein kleines, privates Museum mit alten Gegenständen eingerichtet haben. An der Wand hängt ein Foto der verstorbenen Eltern sowie der Wecker, mit dem der Vater aufstand. Gleich nebenan wohnt Antonio mit seiner Frau. Typisch kolumbianisch bekommen wir eine Tasse frischen Tinto, schwarzen Kaffee, serviert. Wir geniessen den näheren Kontakt zu den Indigenen. Zudem schätzen wir es, in dieses Gebiet, das ebenfalls jahrelang wegen der Aktivitäten von Guerilleros, Grossgrundbesitzern und Kokabauern als unsicher galt, reisen zu dürfen. Wir lernen die Guambianos als einen sehr stolzen und lustigen Stamm kennen, der bis heute fast autostark von seiner Heimaterde lebt. Bis heute werden ureigene Sorten Kartoffeln und Mais gesät. Als Geschenk bekommen wir eine riesige Wurzel-Knolle, die Joaquin aus dem Boden zieht. Daraus stellen die Einheimischen – und bald auch Thomas – frischen Saft her.

Abends ist Rudolphs Stube mal wieder voll. Aria und Jorge mit der kleinen Adriana sind zu Besuch. Dazu gesellen sich Wilson und Kennedy, die Brüder von Aria. Kennedy hat noch seinen kleinen Sohn dabei. Mit dem fröhlichen Augustin und natürlich Erika und Ernst ist die Runde komplett und der Tisch voll. Wir geniessen einen sehr geselligen und lustigen Abend und sagen Muchas Gracias oder eben Pai Pai – vielen Dank in der Sprache der Guambianos.

Wir haben uns in Silvia sehr wohl gefühlt und fahren glücklich und erfüllt weiter. Die doppelspurige Panamericana führt uns nach Cali, in die zweitgrösste Stadt Kolumbiens. Bei einer Badi quartieren wir uns ein und Erika und ich machen uns mal wieder an den Bürokramm.

Nach der Arbeit folgt das Vergnügen. Erika und Ernst laden uns heute zum Nachtessen ein. Im Restaurant Platillos Voladores feiern wir nachträglich den Geburtstag von Erika und werden kulinarisch irrsinnig verwöhnt. Welch ein Schmaus… Wir geniessen jeden Bissen dieses edlen Essens und die tolle Gesellschaft!

Dann sind wir, nach zwei gemütlichen Wochen zusammen mit Erika und Ernst, wieder alleine unterwegs. Es wird Zeit fürs Kiten. Beim Lago Calima finden wir bei einer Kite-Schule einen gemütlichen Platz. Die Stimmung ist toll, nur das Wetter nicht so ganz. Bewölkt und regnerisch und entsprechend böig ist es. Dennoch schaffen wir es einmal auf den Stausee raus.

Doch auch die nächsten Tage soll es regnerisch bleiben, so wollen wir unser Glück an den Spots der kolumbianischen Karibikküste versuchen.

Einmal durch die Mitte der Welt – von Guayaquil nach Tulcán

In Ecuador könnte man sich ständig umziehen. Auch heute kommen wir innert wenigen Stunden von der Hitze des Flachlands in den Nebelwald. Auf den Nebel folgen dann noch die Kälte und der Regen. Doch so ist es halt, wenn man von Meereshöhe auf knapp 4000 Meter ansteigt. Wir verlassen die Grossstadt Guayaquil. Eigentlich wollten wir im Nationalpark Caja wandern, doch bei diesem Regen? Also Planänderung, lass uns nach Cuenca fahren! In der Andenstadt auf angenehmen 2500 Metern finden wir schliesslich einen bewachten Parkplatz gleich nebst der Altstadt. Gemütlich schlendern wir durch die Stadt und die Märkte, besuchen das Panamahut- und Prohibido-Arte-Museum. Cuenca ist wirklich eine charmante Stadt, architektonisch wohl die schönste des Landes, mit zahlreichen Kirchen und weiteren Kolonialbauten. Alles in einem bunten Mix verschiedenster Baustile.

Auf der Panamericana geht unsere Reise durchs Hochland nordwärts. Alexander von Humboldt taufte diese Strecke bis zur kolumbianischen Grenze die Strasse der Vulkane. Ecuador hat gleich mehrere feuerspeiende Berge. Der bekannteste ist wohl der Cotopaxi, einer der weltweit höchsten aktiven Vulkane. Doch wir haben es heute auf den 6310 Meter hohen Chimborazo abgesehen. Von unserem heutigen Übernachtungsplatz, dem Parkplatz nebst der Laguna de Colta, geniessen wir bereits die Sicht auf den mächtigen Riesen.

Yeapi – strahlend blauer Himmel und Sonnenschein erwartet uns am anderen Morgen früh. Wir nehmen den Abzweiger zum Naturreservat und fahren dem Vulkan entgegen, etwas nervös: wird das schöne Wetter halten? Beim Eingang müssen wir uns registrieren und dann dürfen wir mit Rudolph bis auf 4800 Meter Höhe zum Refugio Carell fahren. Jetzt schon macht sich die dünne Höhenluft bemerkbar. Die letzten Tage haben wir uns mehrheitlich auf Meereshöhe aufgehalten, zudem sind wir momentan beide erkältet. Also keine idealen Bedingungen. Doch wir möchten rauf, es sind ja nur 300 Höhenmeter bis zur obersten Schutzhütte. Bis auf 5100 Meter kraxeln wir also hoch und da stehen wir, im Schnee, nahe der Gletschergrenze des Giganten Chimborazo. Es weht ein eisiger Wind. Ab hier bräuchte man Klettererfahrung und einen Guide, der einem auf den Gipfel bringen würde. Wir sind froh, umkehren zu dürfen. Der Gipfel des Chimborazo ist übrigens nicht nur der höchste Berg Ecuadors, sondern wegen der ellipsoiden Erdform auch der Punkt, der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernt ist. Noch weiter weg als die Spitze des Mount-Everests!

Über eine staubige Schotterpiste fahren wir durch ein einsames, grünes Tal. Hier ein paar grasende Kühe, da ein paar Schafe und inmitten dieser sanften Berglandschaft ein herzig winziger Ort. Das Bergdorf Salinas lässt keine Wünsche übrig: Ruhe, Natur, super feine Schokolade, würzige Salami-Wurst und rezenter Käse! Wow, der Abstecher von der Hauptroute hat sich gelohnt! Wir dürfen uns neben die Käserei stellen und am anderen Morgen ein tolles Spektakel beobachten. Jeden Morgen bringen die Bauern der Gegend kleinere oder grössere Mengen an Milch hierher. Mit Kesseln, auf Esel oder Lama gepackt, wird die Milch zu Fuss herangetragen. 60 Cent gibt’s pro Liter.

Da es hier so friedlich ist, beschliessen wir nochmals eine Nacht zu bleiben. Dann die Überraschung, ein Schweizer Camper namens Friedli gesellt sich zu uns. Friedli ist das Zuhause von Betty und Beat, zwei sehr aufgestellten Reisenden. Wir verstehen uns auf Anhieb sehr gut und sitzen bis in die kühlen Abendstunden draussen, mit Wein, Chips und Guacamole, natürlich ganz viel Käse und spannenden Reisegeschichten.

Anderntags ist es regnerisch und kühl. Zusammen mit Betty und Beat spazieren wir nochmals ins Dorf. In der Schokoladenfabrik bekommen wir heute eine kleine Führung. Wir erfahren unter anderem, dass der Betrieb Schokolade nach dem Vorbild der Chocolat Frey herstellt. Dies mit Erfolg, denn uns schmeckt die Schoggi wirklich gut! Im Dorfladen dürfen wir nebst Käse leckeren Salami und Schnaps probieren.

Mit einem Kühlschrank voller Leckereien fahren wir bei Regen und Nebel auf einer schmalen Nebenstrasse durch den Nationalpark Ilinizas. Trotz trübem Wetter ist es eine tolle Bergstrecke. Wir kurven auf matschigen Wegen durch den Regenwald. Die Bäume sind wunderschön mit Orchideen bewachsen. Nur die Suche nach einem Übernachtungsplatz gestaltet sich schwierig. Kurz vor Eindunkeln finden wir eine kleine Wiese nebst der Strasse. Der Regen prasselt aufs Dach, doch in Rudolphs Stube ist es gemütlich. Es gibt Gschwellti mit Käse und ein Rüebli-Salat. So lecker wie’s war, haben wir danach etwas Bauchschmerzen. Anscheinend sind wir uns sooo viel Käse nicht mehr gewohnt 🙂

Spontan entscheiden wir uns nochmals ins warme Wetter zu fahren. Also geht’s knapp 400 Kilometer durch den schönen Bergwald, quer durch die Pampa des Tieflands, an der Küste entlang bis wir schliesslich im kleinen Fischerdorf Súa die Nacht verbringen. An der Nordküste Ecuadors leben vorwiegend Nachfahren der in der Kolonialzeit als Sklaven nach Ecuador verschleppten Afrikanern. Die Region war letztes Jahr von mehreren starken Erdbeben betroffen. Heute ist vieles wieder im Aufbau. Dennoch, viele touristische Einrichtungen sind geschlossen, Verkaufs-Schilder fallen ins Auge und vor manchen Dörfern leben die Menschen noch immer in Zeltlagern. Für uns hat sich der Abstecher gelohnt. Das Schöne ist nämlich, dass der tropische Regenwald hier bis zur Küste reicht. Und erneut sind wir bei winterlichen Temperaturen abgefahren und abends im Hochsommer gelandet. Etwas weiter westwärts von Súa finden wir einen traumhaften Campingplatz. Playa Escondida, der versteckte Strand, ist ein Platz im Wald direkt am Meer. Wir sind fast die einzigen Gäste und geniessen die malerische Bucht und die Ruhe in der Hängematte. Ein romantischer und magischer Ort. Abends sitzen wir am Feuer und endlich brutzeln mal wieder legendäre Pizza-Käse-Brötchen auf dem Rost. Dazu gibt’s ein Pilsen, sehr leckeres ecuadorianisches Bier.

Vorbei an Rinderfarmen, Bananen-, Palmen- und Kautschukplantagen fahren wir wieder in die Anden. Eine kurvenreiche Fahrt hoch in die Berge und runter in ein Tal bringt uns nach Mindo. Ein relaxter Ort auf 1250 Meter Höhe, völlig auf den Ökotourismus ausgelegt. Mindo liegt inmitten eines Naturparadieses aus dunstigen Nebelwäldern mit vielen Vögeln. Wir sind fasziniert von den vielen Elfenvögeln, den Kolibris, die scheinbar aus dem Nichts kommen und ebenso schnell wieder verschwinden. Kolibris kommen nur auf dem amerikanischen Kontinent vor, wobei man die grösste Artenvielfalt hier in der Nähe des Äquators findet. Erstaunlich ist auch, dass man die Leichtgewichte von Null bis zu 5000 Meter Höhe antrifft.

Knapp ein Jahr haben wir uns unterhalb der Äquator-Linie aufgehalten. Heute ist es soweit, bei Mitad del Mundo überqueren wir die magische Linie. Ein riesiges Monument – nicht ganz am richtigen Ort platziert – weist auf den Äquator hin. Dort, wo der Äquator tatsächlich verläuft, befindet sich das kleine anthropologische Solar-Museum Inti Ñan. Während einer unterhaltsamen Führung erfahren wir einiges über Geschichte, Brauchtum und den jahrtausendealten Sonnenkult der Äquatorvölker. Zwischen den beiden Hemisphären dürfen wir zudem einige spannende Experimente ausprobieren.

Wir entscheiden uns, nicht in die Hauptstadt Ecuadors nach Quito zu fahren, da uns momentan gar nicht nach Städten ist. Zudem findet morgen Samstag der grosse Markt in Otavalo statt. Wir übernachten auf einem überwachten Parkplatz mitten in Otavalo. Bis nachts um Drei läuft Disco-Musik, ab vier Uhr beginnen die ersten ihre Marktstände aufzubauen und um Sechs ist der Poncho-Platz komplett mit bunter Ware überhäuft. Die Einheimischen, die Otavaleños, pflegen ihre Traditionen, begegnen uns Touristen aber sehr aufgeschlossen und freundlich.

Der kleine Tiermarkt ist ein besonderes Erlebnis, wobei man in Sachen Tierschutz beide Augen zudrücken muss. Auf einem Platz ausserhalb des touristischen Getümmels wird von Meerschweinchen bis Pferd alles verkauft. Indigene Männer und Frauen laufen mit Schweinen, Ziegen und Kühen herum. Fasziniert beobachten wir das rege Treiben. Es wird gehandelt und diskutiert. Hier rennt gerade ein Eber von der Leine, da hört man eine Katze aus einem Sack, die ein kleiner Junge auf seinem Rücken trägt und aus einer anderen Tüte mäht ein Schaf. Ein Schaf kostet 25 US-Dollar, drei Hühner, die wie ein Blumenstrauss an den Füssen zusammengebunden sind, bekommt man für fünf US-Dollar. Am Strassenrand warten die Menschen mit ihren ergatterten Tieren auf den Bus. Irgendwie kann man gar nicht anders, als immer wieder zu schmunzeln.

Der riesige Markt, der nebst Kunsthandwerk auch wirklich alles anbietet, ist einfach toll! Allerdings nur bis um 11 Uhr als es plötzlich nur so von Touristen wimmelt. Auf dem Gemüse- und Früchtemarkt decken wir uns für die nächsten Tage ein. Wie immer, ist die Ware auf dem Markt viel günstiger als im Supermarkt. So bekommen wir zum Beispiel drei Kilo Karotten für 50 Cent.

In Ibarra befindet sich die Finca Sommerwind, einer der Overlander-Meeting-Points in Südamerika. Ein Camping, der vom deutschen Ehepaar Hans und Patrizia geführt wird. Tatsächlich sind viele andere Camper da. Wir bleiben einige Tage, geniessen ein paar gemütliche Grill-Abende und erledigen das eine oder andere, bevor wir nach Kolumbien fahren. Zu unserer Freude tauchen Laura und Reza sowie Erika und Ernst auch auf dem Camping auf. Laura und Reza sind mit dem Fahrrad von Ushuaia nach Cartagena unterwegs. Mit ihnen haben wir im August in Bolivien, in La Higuera, tolle Tage verbracht. Erika und Ernst haben wir an der Südküste Ecuadors, beim Camping von Samuel in Puerto Cayo kennengelernt. Das sympathische Ehepaar aus dem Baselbiet reist wie wir von Süd nach Nord, ebenfalls in einem Mercedes Sprinter. Die Runde der Schweizer Sprinter-Fahrer macht das nette Paar Susanne und Ernst komplett.

Kurz vor der Grenze nach Kolumbien schauen wir uns den Friedhof von Tulcán an. Das Spezielle an diesem Friedhof sind seine vielen grünen Skulpturen. Die kunstvoll beschnittenen Büsche und Hecken sind viel grösser, als wir sie uns vorgestellt haben. Dann steht unser letztes Reiseland in Südamerika vor der Tür, Kolumbien, wir freuen uns auf dich!

 

Eine verrückte oder ganz normale Tierwelt – zu Besuch auf Galápagos

Es ist Samstag, der 7. Januar 2017. Erstmals nach fast einem Jahr verlassen wird das südamerikanische Festland. Ein besonderes Highlight erwartet uns. Wir fliegen nach Galápagos!
Ab der ersten Sekunde sind wir fasziniert von dieser einzigartigen Inselwelt und freuen uns wie kleine Kinder auf die nächsten fünf Tage, in denen wir ins Paradies der Tiere eintauchen dürfen.

Galápagos umfasst 13 Hauptinseln, wovon vier bewohnt sind, sechs weitere Inseln sowie mehr als 40 kleinere Eilande. Der Archipel liegt rund 1000 Kilometer vor der Westküste Ecuadors inmitten des Pazifiks. Wir landen auf Baltra, von wo wir mit Fähre und öffentlichem Bus auf die Hauptinsel Santa Cruz gelangen. Auf der Fahrt begegnen uns die ersten zutraulichen Seelöwen und wir entdeckten ein paar Riesenschildkröten. Auf der Südseite von Santa Cruz befindet sich der geografische Mittelpunkt von Galápagos, das touristische Basislager Puerto Ayora. Hier suchen wir eine preiswerte Unterkunft und werden im Hostal Brattle fündig.

Bald wird uns klar, dass wir uns hier in einer ganz speziellen Welt befinden. Am Hafen faulenzen die Seelöwen gediegen im Schatten auf der Parkbank und die Leguane leisten ihnen Gesellschaft… sie alle tummeln sicher herum, als gäbe es uns Menschen nicht. Selbst die Spatzen setzen sich fast auf einen drauf. Befinden wir uns in einem Alternativ-Universum, einer utopischen Welt? Die Furchtlosigkeit der Tiere ist anfänglich befremdend. Das natürliche Gleichgewicht und die Ursprünglichkeit der Natur scheinen hier noch bewahrt zu sein. Was für ein spezieller Ort, an dem sich der Mensch dem Tier anpasst und nicht umgekehrt. Irgendwie eine verrückte – oder eigentlich eine ganz normale? – Welt.
Die Inseln waren nie mit dem Festland verbunden. Über Millionen von Jahren wuchsen sie durch vulkanische Eruptionen aus dem Meeresboden empor, schufen ganz besondere Umweltbedingungen und brachten eine einzigartige, endemische (also nur hier zu findende) Tier- und Pflanzenarten hervor. Schliesslich hat der Mangel an Raubtieren die Tiere furchtlos gemacht.
Schon Charles Darwin erkannte die Einzigartigkeit dieser isolierten Welt. 1835 warf sein Schiff HMS Beagle auf Galápagos Anker. Der damals 26-jährige Darwin verfolgte das Ziel, die biblische Schöpfungstheorie zu beweisen. Doch hier gewann er Erkenntnisse, welche das Welt- und Menschenbild bis heute revolutionierte. Aus den Beobachtungen verschiedener, eng verwandter Finken-Arten und Schildkröten kam er zum Schluss, dass die Arten nicht unveränderlich sind, sondern sich über die Zeit verändern und neu entwickeln. Dies war der Schlüssel zu seiner 20 Jahre später veröffentlichten Evolutionstheorie.

Unser erster Ausflug führt uns zur Tortuga Bay, zur Schildkrötenbucht. Ein paradiesischer Ort mit klarem türkisen Wasser und einem lang gezogenen, feinen weissen Sandstrand. Die Meeresschildkröten kommen abends hierher, um in den Dünen ihre Eier zu legen. Wir machen Bekanntschaft mit Dutzenden Leguanen und Echsen, die sich im Wasser und auf den Lavasteinen tummeln. Das einzigartige Landschaftsbild wird mit Kakteen, Mangroven, schwarzen, roten und gelben Krebsen, ein paar Pelikanen und Reihern wunderbar vervollständigt.

Am späteren Nachmittag spazieren wir über einen Vulkansteinweg durch einen Kakteenwald zurück nach Puerto Ayora. Ein privates Schnellboot, ein sogenanntes „Lancha rápida“, bringt uns am anderen Morgen innert gut zwei Stunden zur nächsten Insel. Wir besuchen Isabela, die mit Abstand grösste Insel des Archipels. Isabela beherbergt fünf aktive Vulkane, wovon der Sierra Negra den zweitgrössten Krater der Welt mit einem Durchmesser von zehn Kilometern besitzt. Auch auf Isabela liegen nicht Menschen sondern Seelöwen auf der Bank, dem Trottoir und dem Steg am Hafen und lassen sich natürlich von uns nicht in ihrer Siesta stören.

Der grösste Ort der Insel heisst Puerto Villamil und ist ein schläfriges 3000-Seelen-Dorf, bestehend aus kleinen Wohnhäusern und einer wachsenden Anzahl an einfachen Restaurants und Hotels. Im Hostal Brisas del Mar finden wir zwei hübsche Zimmer.

Hallo liebe Schildkröte! Zwischen den Fischerbooten entdecken wir die erste Meeresschildkröte, die gerade das Köpfchen aus dem Wasser streckt, um Luft zu schnappen.

Puerto Villamil liegt direkt an einem kilometerlangen, himmlischen Strand. Touristen gibt es wenige, dafür umso mehr Spuren der Meeresechsen im Sand. Wir machen einen Strandspaziergang, .-am Leuchtturm vorbei bis zur idyllischen Bucht La Playita, dem romantischen Playa del Amor und zum Eingang einer Lavahöhle. Auch hier wimmelt es von prähistorischen Muskelprotzen.

Ein Exkursions-Boot steuert mit uns an Bord die Puerto Villamil vorgelagerte Insel Islote las Tintoreras an. Über einen Pfad spazieren wir übers Lavagestein und entdecken in der bizarren Landschaft viele Seevögel, Leguane (sogar einen Leguan-Kindergarten), feuerrote Klippenkrabben, einen einsamen Pinguin und eben Tintoreras, Weissspitzenhaie.

Wir montieren Schnorchel und Flossen und schwimmen über die im schmalen Kanal dösenden Haie und an Rochen und Meeresschildkröten vorbei. Was für ein atemberaubendes Erlebnis!

Mit dem Taxi, einem kreativ umgebauten Pickup, geht es zum Besucherzentrum auf Isabela. Hier unterhält die Charles Darwin Forschung eine Brut- und Aufzuchtstation für Riesenschildkröten. Die berühmtesten Reptilien von Galápagos gelten als die ältesten noch lebenden Urtiere. Sie werden bis zu 200 Jahre alt und sind heute streng geschützt. Lange bevor Galápagos 1959 zum Nationalpark erklärt wurde, ging es hier anders zu und her. Die Inseln wurden von Piraten und Wal- und Robbenjägern heimgesucht. Nebst Wasser und Feuerholz bunkerten sie die Schildkröten als lebendigen Fleischvorrat auf ihren Schiffen, da die Tiere sehr lange ohne Nahrung überleben können.

Anderntags unternehmen wir einen weiteren Bootsausflug. Bei tollem Wetter gleiten wir übers klare Wasser, der Küste entlang zu einer Lavalandschaft mit vielen kleinen Tunnels und Kakteen, Los Tuneles genannt.

Jetzt im Januar gibt’s tierischen Nachwuchs. So quietschen auch die kleinen Jungen einer Graureiher-Familie fröhlich aus ihrem Nest.

Von den über 150 verschiedenen Vogelarten auf Galápagos..

..ist der legendäre Blaufusstölpel der Insel-Liebling und auch unser Favorit. Der Star unter den Vögeln hebt während der Balzzeit würdevoll seine leuchtend blauen Füsse an.

Auch heute springen wir wieder über die Bordkante und der erste Hai ist schon in Sicht.

Wir schwimmen in einem Aquarium voller bunter Fische. Nur Riffkorallen findet man auf Galápagos kaum, da die kühlen Wassertemperaturen und ständig wechselnden Strömungen dafür keine guten Bedingungen sind. Mit viel Glück entdecken wir ein scheues Seepferdchen. Doch das absolute Highlight ist das Schnorcheln mit den grünen Meeresschildkröten. Die riesigen Tiere, die bis zu 150 Kilo wiegen, schweben graziös und sanft durchs Wasser. Seite an Seite dürfen wir mit ihnen schnorcheln. Dabei strahlen die Tiere eine unglaubliche Ruhe aus. Ob es daran liegt, dass es sie schon seit über 250 Millionen Jahren gibt?

Das Schnorcheln hat müde gemacht. Wir sind aber nicht die einzigen, die am späten Nachmittag auf dem Boot zurück zur Insel Santa Cruz vor sich hin dösen…

Zurück auf der Hauptinsel quartieren wir uns beim Hotel Español ein. Dann geht es gleich nochmals vor die Tür, wir wollen noch eine Tour für morgen buchen. Schliesslich steht fest, unser letzter Ausflug geht zur 20 Kilometer südöstlich von Santa Cruz gelegenen Insel Santa Fé. Die Tour toppt nochmals alles. An Bord herrscht eine super Stimmung und die Seelöwen auf den Felsen begrüssen uns grunzend.

Der heutige Höhepunkt: im türkisblauen Wasser mit den verspielten Seelöwen schnorcheln!

Schnorcheln macht nicht nur müde sondern auch hungrig. Bei allen Ausflügen gab es eine leckere Verpflegung, doch heute ist sie besonders fein. Zwischen zwei Schnorchelgängen wird uns ein Brötchen mit einer heissen Schokolade serviert. Zum Mittagessen gibt es eine aufwärmende Portion Reis mit frischem Fisch. Dann noch soeben gefangene Muscheln zum Probieren. Auf der Weiterfahrt geniessen wir auf dem Vorderdeck die Sonne und die wunderbare Sicht. Das Leben könnte nicht schöner sein. Derweil fischt die Crew das Essen für morgen. Sie haben Glück und angeln gleich drei grosse Thunfische.

Zum Abschluss baden wir in der idyllischen Bucht Playa Escondida. Adiós Galápagos, danke für die faszinierenden und unvergesslichen Erlebnisse!

Zurück in Guayaquil holen wir Rudolph beim Hotel Livingston ab und düsen erneut an die Küste. Wir wollen nochmals zu Samuel nach Puerto Cayo fahren, wo wir zu Beginn der Rundreise mit Tabea und Marco schon waren. Nochmals gibt’s einen sommerlichen Tag mit hohen Wellen. Dann heisst es, Tschüss zu sagen. Adieu ihr Lieben, kommt gut nach Hause! Danke für die coole Zeit mit euch!!!